Wenn es eine Reihe gibt, die in Japan immer wieder alle Rekorde gebrochen hat, dann ist das Dragon Quest. Was in diesem Einführungssatz erstmal harmlos klingt, nimmt schnell Ausmaße an, die für uns im Westen eher seltsam anmuten. So werden seit jeher Dragon Quest Spiele nicht an Arbeitstagen veröffentlicht, weil man dann die Gefahr läuft, dass Schüler kurzerhand die Schule schwänzen und halbe Belegschaften den Firmen fernbleiben, nur um sich dem Spiel zu dq8-hero widmen. Dragon Quest ist das Beispiel schlechthin, wenn man den wichtigen gesellschaftlichen Stand von Computerspielen in Japan erklären möchte. Dragon Quest ist ein integraler Bestandteil japanischer Popkultur, Vergleichbar wie bei uns LEGO oder Micky Maus.

Demzufolge gibt es nicht nur zehn Hauptteile der Reihe, sondern auch eine ganze Menge SpinOffs. Angefangen bei dem Pokémon-Klon Dragon Quest Monsters bis hin zu virtuellen Brettspielen der Itadaki Street Reihe, in der Dragon Quest Charaktere in der Vergangenheit auf Final Fantasy und Nintendo Charaktere getroffen sind.

Auch im japanischen App Store sind schon einige Dragon Quest Spiele erschienen und erfreuen sich im Land der aufgehenden Sonne größter Beliebtheit.  Dragon Quest VIII erschien als erste iOS-Umsetzung nun auch im Westen. Mit einem stolzen Preis von 17,99€ ist auch dieser Square Enix Titel preislich in einer Region einzuordnen, wo man schon sehr genau hinschauen möchte, ob sich denn der Download wirklich lohnt.

Innovationen? Nicht doch!

Die Geschichte von DQ8 dreht sich um den bösartigen Hofnarr Dhoulmagus. Dieser hat das Schloss Trodain verwüstet und fast alle Bewohner in Stein verwandelt. Überlebt haben der König und die Prinzessin von Trodain. Beide sind aber mit einem Fluch belegt und nun als Troll und Pferd unterwegs. Der Spieler selbst übernimmt die Rolle einer namenlosen Palastwache. Gemeinsam mit König und Prinzessin, dem Ex-Dieb Yangus und der Magierin Jessica macht sich der namenlose Held auf die Suche nach dem Bösewicht.

Dragon Quest Spiele waren nie für Innovationen bekannt,  im Gegenteil: Seit dem ersten Teil aus dem Jahr 1986 spielen sich Dragon Quest Teile ziemlich ähnlich. In den Städten holt man Informationen ein und kauft beim hiesigen Händler Ausrüstung, in den Dungeons und auf der Oberweltkarte kämpft man hunderte von zufallsgenerierten Kämpfen. Gespeichert wird ausschließlich in der Kirche der Stadt. Auch tote Partymitglieder lassen sich nur in der Kirche wiederbeleben – natürlich gegen Geld, die Diener Gottes wollen ja auch von etwas leben.

restless_armour Schon 2004, als DQ8 für die Playstation 2 erschien, war das Gameplay-Design recht altbacken. Daran hat sich auch 10 Jahre später nichts geändert. Die Einen mögen das negativ finden, die Anderen positiv.

Neu war bei DQ8 das Skillsystem. Bei einem Level-Aufstieg kann man verschiedene Skillpunkte auf verschiedene Werte geben. So investiert man Punkte in bessere Waffen oder um mit dem eigenen Sexappeal Gegner in den Bann ziehen. Später lassen sich Monster auf diese Weise einfangen. Jeder Charakter hat dabei eigene Talente. In eine Sackgasse kann man nicht geraten.

Ein weiterer Punkt der für DQ8 spricht, ist der hohe Schwierigkeitsgrad: Dieser ist auch für Rollenspielveteranen nicht gerade einfach. Selbst Standardgegner lassen sich nur mit Taktik und Planung besiegen. Dies gilt umso mehr, wenn man MP (Magic Points) sparen möchte, die man besonders in den Bosskämpfen braucht. Im Endeffekt lebt DQ8 auch davon, einfach mal 1-2 Stunden in der Gegend umherzulaufen und zu trainieren. Durch die offene Welt und die schöne 3D-Grafik ist dies sehr motivierend. Wer abseits der normalen Wege unterwegs ist, wird versteckte Schatzkisten und andere Kleinigkeiten finden – eine Belohnung, dass man sich näher mit der Spielwelt auseinandersetzt. Außerdem gibt es in den Städten kleine Sidequests, die man erledigen kann. Auch dies sorgt für viel Motivation. Insgesamt handelt es sich bei DQ8 um klassisches JRPG, welches Euch mindestens 80-100 Spielstunden abverlangen wird.


Die Krux mit der iOS-Anpassung

DQ-HorseSchon bei Final Fantasy VI habe ich mich tierischst über die iOS-Anpassung aufgeregt. Damals kritisierte ich, dass man den Schwierigkeitsgrad simplifizierte. Hier kann ich schonmal Entwarnung geben: Die iOS Version von DQ8 ist genauso schwer wie das PS2-Original. Auch hier bin ich häufig beim Bossgegner übern Jordan gegangen, nur um in der Kirche wieder aufzuwachen und die letzte halbe Stunde zu wiederholen. Das mag für die Einen sicherlich nervig wirken, aber bei Dragon Quest muss das so sein.

Was mich bei der iOS-Fassung stört, ist das Spielen im Portrait-Modus. Damit geht eine ganze Menge Übersicht verloren, denn die Welt ist offen und sehr weitläufig. Während das PS2-Original sogar einen Widescreen-Modus spendiert bekam, um sich besser in der Welt zurecht zu finden, macht hier die Sicht auf die Welt gerade mal ein Fünftel aus. Ich konnte mich in meiner Testzeit von immerhin 25 Spielstunden nicht damit anfreunden und konnte mich nur orientieren, weil ich noch von der PS2-Version wusste, wo es langgeht. Ich verstehe nicht, wieso man nicht den normalen Landcape-Modus des iDevice verwendet hat… Man hätte doch ebenso den Widescreen-Modus des Originals integrieren können.

Ansonsten ist die Anpassung gar nicht schlecht. Die Steuerung geht leicht von der Hand, auch wenn die Navigation im Kampfbildschirm durchaus intuitiver und schneller sein könnte. Dass es keine Sprachausgabe und keinen orchestralen Soundtrack gibt, liegt daran, dass damals schon der orchestrale Soundtrack nur für die westliche Version umgesetzt wurde – diese App ist (abgesehen von der englischen Sprache) mit der japanischen App identisch. Dazu kommt, dass die Implementierung der Sprachausgabe hier wohl den Speicherplatz gesprängt hätte. Schon jetzt ist das Spiel mit 1,4GB nicht gerade klein. Dass man aber nicht die vorhandenen deutschen Texte der PS2-Version mit übernommen hat, muss man dagegen nicht verstehen.

Dragon Quest VIII gehörte seinerzeit zu den besten Rollenspielen auf der PS2. Am Spiel selbst hat sich Gott sei Dank nichts geändert. Aber das man es nur im Portrait-Modus spielen kann, ist meiner Ansicht nach ein fetter Minuspunkt – das Spiel lebt von der Erkundung der offenen Spielwelt und hier geht einfach viel Übersicht verloren. Wer eine Playstation 2 besitzt und nicht unterwegs zocken will, bleibt dagegen lieber bei der Originalversion. Ansonsten ist die Anpassung aber gar nicht so übel, wie es zu Beginn aussah, auch an die Steuerung gewöhnt man sich schnell. Wenn Ihr Euch mit Portrait-Modus und englischen Texten anfreunden könnt, bekommt ihr hier ein sehr schönes Abenteuer-Rollenspiel, welches Euch über viele Wochen unterhalten wird.

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+ 80 – 100 Stunden Mindestspielzeit
+ offene und verzweigte Spielwelt
+ witzige Geschichte
+ anspruchsvoller Schwierigkeitsgrad
+ viele Nebenquests
+ keine InAppKäufe
+ Universal-App
+ Game Center Anbindung
– Portrait-Modus nimmt sehr viel Übersichtlichkeit
– nach heutigen Maßstäben altbacken
– keine deutschen Texte
– keine iCloud-Anbindung
– 1,4 GB Speicherplatz