Eine actionreiche Ski-Abfahrt konnte man schon vor Jahrzehnten virtuell nachspielen, ich zuerst auf meinem Atari 2600. Doch Escape from Montegrande des chilenischen Indie-Studios Mego ist etwas anders gestrickt, denn hier geht es nicht nur um das fehlerfreie vom-Berg-kommen. Die Idee dahinter ist anders: Ihr sitzt auf dem Gefängnis ein, dass sich sicher auf der Spitze des Montegrande befindet. Nun gut, fast sicher. Denn ihr brecht aus und habt praktischerweise eure Skier dabei.

Ausbrüche scheinen in diesem Gefängnis an der Tagesordnung zu sein und so sind die Wächter ebenfalls mit Skiern und Blaulicht-Helm bestens gerüstet. Während man also ins Tal schießt, hat man immer noch Verfolger hinter sich. Hier kommt der wichtigste Unterschied zu vielen Kollegen: Die Fahrt endet erst, wenn die Schergen der Gerechtigkeit einen zu fassen bekommen. An Hindernissen prallt man dagegen nur ab und wird gebremst.

Escape from Montegrande Schon bei der ersten rasanten Abfahrt merkt man die eigenwillige Physik: Fährt man gegen einen Baum oder ein anderen festes Hindernis, scheint es als wäre es aus Gummi und man wird ein Stück zurück gefedert und gebremst. Fährt man zum Beispiel durch ein Feld von alten Truck-Reifen, kommt man sich eher wie in einem riesigen Flipper vor als in einem Ski-Spiel. Fährt dagegen an ein Pferd oder einen Hirsch, wird das Tier in hohem Bogen weggeschleudert.

Je nach erreichter Weite ändert sich die Landschaft: Man findet kleine Waldstücke, vereiste Gletscher, nutzt Rampen als Booster und Dächer von Ferienhäusern als Sprungschanze. Gastank entzündet man beim Darüberfahren und entledigt sich so der Verfolger. Dazu kracht man Zeltplätze, Müllhalden und Felder voller Unrat. Es ist teilweise wirklich amüsant, was die Entwickler hier am Bergesrand ausgekippt haben. Doch wer weiß, vielleicht sieht es wirklich so in den chilenischen Bergen aus?

Für jede Fahrt bekommt man je nach Distanz zum Gefängnis ein paar Goldmünzen, die man im Shop anlegen kann. Hier gibt es Waffen wie ein Katapult, eine Gießkanne mit der man hinderliche Bäume pflanzen kann oder ein Pistole. Aber auch Startboni wie Dynamit, mit dem man gleich bei 350m startet. Sehr angenehm: Einmal gekauft, kann man alles dauerhaft nutzen. InAppKäufe gibt es keine. Um eine Waffe zu benutzen, tippt man während der Fahrt mit einem freien Finger auf einen Gegner – ihr könnt euch die ‚Übersichtlichkeit‘ während der Abfahrt vorstellen. Die Steuerung selbst wird mit einem Finger am Bildschirmrand erledigt, dann man einfach links und rechts bewegt.

Was mich gestört hat, waren die fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten im Laufe des Spiels. Man bekommt zwar für jeden Ausbruchsversuch Geld und kauft sich damit Dinge, aber so richtig vorwärts kommt man nicht. So ein richtiges Auflevel-System haben sich die Entwickler nicht überlegt. Klar, mit immer besseren Waffen und Startboni kommt man auch weiter, aber es gibt kein Ziel oder verschiedenen Abschnitte in denen man erneut starten könnte… Ich weiß, dass würde vielleicht dem Setting als Ausbrecher entgegenstehen, würde aber mehr Motivation auf Dauer machen. So bleibt es ein liebevoll gemachtes Highscore-Spiel.

Die Polygon-Grafik in 2.5D gefällt und bewegt sich flüssig über den Bildschirm. Die Landschaften und vor allem die Hindernisse sind herrlich bekloppt gebaut und orientieren sich eher am Spielspaß als an der Realität.  Die Geschichte mit dem Sound ist schwierig. Prinzipiell gibt es eine sehr hintergründige Elektrofläche, die bedrohlich wabert. Nervig sind teilweise die Soundeffekte, wenn man irgendwo gegenfährt oder die Verfolger an ein Hindernis krachen. Hier wiederholen sich die Samples einfach zu oft und es klingt komisch. Das ist nur ein kleines Detail, aber auf Dauer nervt es.

Escape from Montegrande nimmt sich das klassische Arcade-Prinzip und bohrt es etwas auf. Und zwar mit einem guten Schuss Verrücktheit, sympathischer 2.5D Grafik und einem frischen Twist des Gameplays. Ein Spiel endet erst, wenn die Wachen einen fangen und nicht an Hindernissen. Auch wenn man nicht weit kommt und der Verdienst pro Ausbruch niedrig ist, entwickelt das Spiel trotzdem ein gewisses Suchtpotential. Es ist sicher kein bedeutendes Spiel, von dem man noch in Jahren sprechen wird, aber es ist ein toller Zeitvertreib, der ganz ohne InAppKäufe auskommt. Hals- und Beinbruch!

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+ nette Optik
+ leichte Steuerung
+ verrücktes Setting
+ PowerUps
+ nur dauerhaft Shop-Items
+ unterhaltsam
+ Highscore-Jagd
+ verschiedene Waffen
+ keine InAppKäufe
+ Universal-App
– wenig Entwicklungsmöglichkeiten
– eigenartige Physik
– komische Soundeffekte
– kein GameCenter
– englisch