Wenn man an Grafik-Adventure mit Schwerpunkt auf Dialogen und Entscheidungsmöglichkeiten denkt, dann denkt man heutzutage wahrscheinlich als erstes an die Titel des Entwicklers Telltale. Besonders die The Walking Dead-Reihe sollte für viele ein Begriff sein. Es verwundert jedenfalls nicht, das Oxenfree mit seinem Gameplay an die stagnierende Spiele-Formel der bekannten Adventure-Schmiede erinnert – besteht doch sein Entwicklerteam Night School Studio zum Teil aus ehemaligen Telltale-Mitarbeitern. Aber was sind die Unterschiede? Schafft es Oxenfree eigene Akzente zu setzten? Und wie gut ist die iOS Portierung letzten Endes wirklich?
Glaubhafte Charaktere und interessante Geschichte
Schon zu Beginn des Abenteuers zeigt sich, dass die zahlreichen, hervorragend vertonten Dialoge (nur englisch) ein ständiger Begleiter in Oxenfree sind. Mal locker, mal ernst, aber nie langweilig gibt’s Kommentare zur aktuellen Situation, Aufarbeitung von Vergangenem oder einfach nur Smalltalk auf die Ohren. Besonders der tragische Tot von Alex‘ Bruder Michael und ihre neue Familienkonstellation sind ein zentrales Thema der Konversationen und spielen im Verlauf der Geschichte eine tragende Rolle.
Jetzt rede ich!
In der Rolle von Alex reagiert man im Laufe des Spiels auf Fragen, plappert dazwischen oder sagt auch einfach gar nichts. Dazu bietet einem Oxenfree in entsprechenden Situationen drei verschiedene Antwortmöglichkeiten an, die tonal immer in unterschiedliche Richtungen tendieren. Da diese Optionen aber oftmals nur sehr kurz eingeblendet werden, sollte man schon gute Englischkenntnisse und ein wenig Konzentration mitbringen. Der eigene Einsatz ist sonst schnell mal verpasst. Konsequent ist Oxenfree aber auch wenn es darum geht, wie sich das Interagieren mit den einzelnen Personen auf das Ende des Spiels auswirkt. Wiederholtes Durchspielen bietet sich also an. Ein einmaliges Durchspielen dauert rund 4 – 5 Stunden.
Eigenwillig, aber schön!
Optisch ist Oxenfree schon etwas Besonderes. Edward Island wird mit sehr schönen, expressionistisch gestalteten Hintergründen in Szene gesetzt. Durch den freien Umgang mit Farbe und Form entsteht ein für das Genre eigenständiges Gesamtbild, was durch den unaufdringlichen Synthesizer-Soundtrack zusätzlich gut untermalt wird. Mit nächtlicher Strandpromenade, verfallener Militäreinrichtung oder Campingplatz bietet die auf den ersten Blick verlassene Insel nicht nur Abwechslung. Die lokalen Begebenheiten versprühen eine wirklich angenehme Grusel-Atmosphäre, die sich gut in die Geschichte einfügt.
Schluss mit dem Gequatsche. Was gibt’s sonst noch?!
Wer mag, darf sich jetzt über das Fehlen von Puzzles oder anderen Rätseln beschweren. Oxenfree konzentriert sich nämlich ganz und gar auf seine Charaktere und die Geschichte. Dafür wird man aber auch glücklicherweise nicht mit Quicktime-Events oder dergleichen genervt (siehe Telltale).
Oxenfree ist kein Actionfeuerwerk oder dergleichen. Auch kleinere Längen beim Erkunden der Spielwelt können schon mal auftreten. Dafür gibt’s glaubhafte Charaktere, wunderbar vertonte Dialoge, einen stimmigen und eigenständigen Grafikstil und ein angenehmes Maß an Grusel-Atmospähre. Oxenfree schafft es einen mit seiner spannenden und mysteriösen Geschichte auch noch über das Spielende hinaus zu beschäftigen und zu begeistern.
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