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Spieltipp: 1849 – SimCity im Wilden Westen

Howdy, liebe Leserinnen und Leser. Habt Ihr Euch nicht auch in den letzten Jahren gefragt: „Mensch, dieses iPad wäre doch ideal für Aufbausimulationen“? Mit seinem Touchscreen wundert es, dass das iPad bis auf eine mäßige SimCity Version und einer guten Portierung von Transport Tycoon noch keine klassische Simulationen spendiert bekommen hat. Sicher, wenn man City Builder oder ähnliches in den Store eingibt, springen einen viele Apps entgegen, die oberflächlich diesen Anschein machen. Doch das sind alles Freemium-Spiele, die nicht erfordern wirtschaftliche Strategien zu entwickeln, sondern lediglich Facebook-Freunde zu nerven und zu warten. Keine schöne Alternative.

Das dachten sich wohl auch die beiden Programmierer Robert Zubek (der ironischerweise früher einmal bei Farmville 2 und CityVille mitgearbeitet hat) und Matthew Viglione und gründeten kurzerhand das Indie Studio SomaSim und veröffentlichten Mitte des Jahres das Strategiespiel 1849 für Tablets und Windows. Und obwohl es eine Windows-Version gibt, betonen beide Spieledesigner, dass es speziell auf Tablets ausgerichtet ist.

 

Bauen wie vor 165 Jahren

Wie der Titel schon sagt, spielt das Spiel im Jahr 1849 und zwar in Kalifornien. Zu jener Zeit herrschte an der Westküste der noch jungen USA ein großer Goldrausch. Abenteurer machten sich auf die Suche nach der goldenen Ressource, während sich in den Städten Sheriffs mit Halunken und Gaunern herumplagten. Das ist ein frisches Setting, nachdem man auf dem PC schon Aufbauspiele im alten Ägypten, in Rom oder gar bei den Wikingern gesehen hat.

Ziel des Spiels ist es eine Stadt zu bauen, diese finanziell auf stabilen Boden zu bringen und wachsen zu lassen. Dabei dreht sich im Spiel alles um Ressourcen, Handel und der richtigen Mischung aus Ausgaben und Einnahmen. Kämpferische Auseinandersetzungen gibt es hingegen keine.

Nachdem wir die ersten 4 bis 6 Wohnflächen um das Lagerhaus herum gebaut haben, kann es auch schon losgehen. Auf diesen Wohnflächen bauen sich die Siedler erst einfach Hütten und später massive Häuser aus Backsteinen. Ihr solltet am Anfang nicht mehr Wohnflächen bauen, denn in einer Wohnfläche können später locker 150 Menschen wohnen. Das ist bei sechs Wohnflächen durchaus sehr viel.

Die erste Aufgabe besteht darin, unseren Siedlern Arbeit zu geben. Dazu stehen Euch einige Möglichkeiten zur Verfügung. Wichtig ist es zu Anfang für Nahrung und Grundressourcen wie Holz zu sorgen. Wir bauen zwei Jägercamps, ein Holzfällercamp sowie je ein Weizen- und Gerstenfeld. Die Jäger erlegen Tiere und sorgen für Fleisch und Felle. Sollte auch ein Fluss durch euer Land fließen, ist es auch nicht verkehrt ein Fischerdock zu bauen.

Habt Ihr diese Einrichtungen, werden Euch die Siedler die notwendigsten Ressourcen bringen, aber mit diesen Ressourcen allein lässt sich noch keine Siedlung versorgen. So solltet Ihr als nächstes ein Bäckergeschäft bauen – aus den Weizen fertigt er leckeres Brot an. Die Siedler werden mit dem Holz nun anfangen die ersten Holzhütten zu bauen. Und aus der Gerste lässt sich in der Brauerei Bier herstellen.

Darin liegt der Schlüssel zum Erfolg: Die Stadtbewohner werden mit der Zeit immer anspruchsvoller, damit sie ihre Häuser ausbauen und mehr Steuern zahlen. Es fängt bei einem Saloon an, geht über Ressourcen wie Steine und Handelswaren wie Kleidung oder Möbelstücke. Später im Spiel müssen diese Dinge problemlos hergestellt oder eingekauft werden. Daher auch mein Tipp zu Anfang nicht zu viele Wohnflächen zu bauen, da die Bewohner doch sehr verschwenderisch werden können. Können diese ihren Lebensstandard nicht mehr halten, etwa weil es keine Kleidung im Lagerhaus gibt, ziehen diese Menschen kurzerhand weg und das heißt Einbußen in den Mieteinnahmen.

 

 

Kleinkriminelle in der Stadt

Aber kommen wir zurück zum Anfang. Nachdem nun die Herstellung erster Ressourcen und Handelswaren angelaufen ist, werdet Ihr schnell feststellen, dass die Kriminalitätsrate gestiegen ist.

Hier hilft nur das freundliche Sheriffbüro von Nebenan. Es sollten durchaus so viele gebaut werden, dass es möglichst keine Verbrechen mehr gibt – denn nichts ist schädlicher als Diebe beim Bäcker oder etwas weiter weg beim Fischerdock. Die klauen nämlich die Erzeugnisse und umso weniger kommt bei den Bewohnern an. Und wenn wir schon dabei sind, kann auch gleich eine Feuerwehr gebaut werden. Nachdem das erste Feuer ausgebrochen ist oder ein Erdbeben erfolgte, werdet Ihr über diese Entscheidung ganz froh sein. Ohne Feuerwehr können Feuer auch auf andere Gebäude und Felder übergreifen. Das heißt nicht nur Verluste bei den Erträgen, sondern auch finanzielle Verluste, da man die ganzen Gebäude neu aufbauen muss.

Wichtig ist es zu wissen, dass jedes Gebäude und jedes Feld wöchentliche Betriebskosten verursacht. Sollte beispielsweise mal genug Holz im Lager sein, kann man das Holzfällercamp auch schließen, ohne es gleich abreißen zu müssen. Die Kunst liegt darin, monatlich mehr einzunehmen als auszugeben. Um die Einnahmen anzukurbeln, empfiehlt sich der Handel mit benachbarten Städten. So lassen sich Handelswaren wie Möbel, Ressourcen wie Holz oder Nahrung wie Whiskey oder Käse verkaufen. Natürlich sollte man nicht so viel verkaufen, dass die eigene Bevölkerung nichts mehr hat. Im Gegenzug lassen sich auch Waren wie Spitzhacken einkaufen. Damit kann man später bei Minen Gold und Silber fördern.

Und so baut man in kleinen Schritten seine Stadt auf. Es gibt noch viel mehr Details im Spiel, etwa das man mit Ressourcen und Geld die Produktionsgeschwindigkeit der verschiedenen Einrichtungen erhöhen kann, dass sich auf Vorkommen von Öl, Silber oder Gold jene Ressourcen gewinnen lässt und dass die Karten durch Zufall immer wieder neu generiert werden. Aber das würde jetzt alles zu weit gehen.

Natürlich klingt das alles auf dem Papier sehr einfach. Dabei ist 1849 vom Schwierigkeitsgrad her mit alten Simulationsspielen aus den späten 80ern und frühen 90ern zu vergleichen. Das heißt im Klartext: Bis man erst einmal die optimale Mischung aus Produktion, Handel, Stadtplanung und dem richtigen Stadtwachstum rausbekommen hat, können mehrere (mehrstündige) Anläufe vergehen. Denn allzu oft wird man feststellen, dass man sich mit den Kosten doch übernommen hat und schnurstracks in die Pleite steuert. Hat man kein Geld mehr, heißt es Game Over.

 

Der Umfang & Nevada Silver

Soviel zum Spielkonzept als solches. Kommen wir zum Umfang des Spiels. Im Grunde gibt es zwei Spielmodi: Einen Missionsmodus und eine Sandbox. Im Missionsmodus geht es darum, verschiedene kleine und große Städte zu bauen und dabei bestimmte Ziele zu erreichen. Das fängt harmlos an mit einer Aufgabe wie „Baue eine Siedlung mit 50 Bewohnern“. Später kommen detaillierte Zielvorgaben hinzu – so muss man eine bestimmte Summe Geld erwirtschaften, eine bestimmte Menge von Waren produzieren und verkaufen und ganz ähnliche Aufgaben.

Im Sandbox-Modus dagegen wählt man einen Ort aus der Karte und baut ganz ohne Zielvorgaben seine Stadt auf. Dieser Modus ähnelt eher alten Aufbauspielen wie SimCity oder der Caesar-Reihe. Und auch wenn es in den Fingern juckt: Ihr solltet durchaus erst einmal ein paar Missionen spielen, da diese auch als Tutorial dienen und Euch ein Gefühl für die Spielmechanik vermitteln. Auch verschiedene Schwierigkeitsoptionen gibt es: So hat man am Anfang die Möglichkeit mit wie viel Geld oder gar eigenen Einrichtungen man starten kann.

Das Spiel als solches ist frei von In-App-Käufen. Man kann sich mit echtem Geld keinen Spielvorteil erkaufen. Dennoch wollen die Entwickler das Spiel mit Add-On-Packages immer mehr erweitern, ganz wie in den alten Zeiten. Diese Add-On-Packages werden natürlich schon als In-App-Kauf angeboten.

Die erste Erweiterung erschien Ende September und nennt sich „Nevada Silver“, diese kostet 1,79€. Diese erweitert das Spiel mit neuen Missionen, einer neuen Spielumgebung (nämlich das namengebende Nevada), neuen Gebäuden sowie mehr Ressourcen und Handelsgegenständen. Eine Neuerung ist außerdem das Handelssystem. So fahren in Nevada Güterzüge zu den einzelnen Städten – damit lassen sich 2x im Monat Ware verkaufen und kaufen. Und das Beste ist: Man muss diese Waren nicht immer neu einstellen – sie wird solange zweimal im Monat geliefert (und verkauft) bis man etwas an der Einstellung ändert. Praktisch für Warenartikel und Ressourcen für die die eigene Bevölkerung keine Verwendung hat. Und für Ressourcen, die man selbst nicht anbauen kann, weil die Förderungsquellen fehlen, aber regelmäßig braucht.

Man darf sicherlich gespannt sein, mit welchen Erweiterungen die Entwickler das Spiel in Zukunft noch aufwerten.

Die technische Seite

Kommen wir zur Technik. Da dieser Test sowieso schon sehr lang ist, möchte ich mich hier kurz halten. Die Grafik sieht durchaus sehr hübsch aus. Der Bildausschnitt lässt sich beliebig vergrößern und verkleinern, auch das Bauen der Städte geht einfach von der Hand. Was auch daran liegt, dass man im Interface auf unnötige Verschachtelungen verzichtet. Alles ist klar an seinem Platz und leicht zu finden. Man kann zudem die Zeit anhalten oder schneller vorspulen.

Musikalisch gibt es nun keine besonderen Stücke. Alle halten sich im Hintergrund und unterstreichen das Setting thematisch. Es gibt zwar keine iCloud-Anbindung, dafür ist das Spiel installiert nur 70MB groß. Das überrascht durchaus bei solch einem komplexen Titel, es zeigt aber auch, dass die Entwickler hier einfach gut programmiert haben. Großartige Anforderungen an die Geräte werden nicht gestellt und sind somit ist 1849 auch auf älteren Tablets problemlos spielbar. Zwar hatten die Entwickler auch eine Version für Smartphones geplant, dies konnte aber technisch nicht umgesetzt werden, da Smartphones zu klein sind um das Spiel mit einer vernünftigen Auflösung darstellen zu können. Also hat man sich dagegen entschieden, was durchaus löblich ist. Lieber keine Version für Smartphones als eine, die nur bedingt spielbar ist.

Ohne Mist – auf solch ein Spiel habe ich lange für mein iPad gewartet! 1849 ist mal wieder eine richtig schöne Aufbausimulation ohne kriegerische Handlungen. Es geht ganz klassisch darum eine Stadt zu managen und Strategien für den Aufbau zu entwickeln. Zwar gibt es keine deutsche Sprache, aber das Englisch ist sehr einfach gehalten und verzichtet auf schwierige Fremdwörter. Dazu ist das installierte Spiel sehr platzsparend, es braucht keine Internetverbindung und all diese anderen Ärgernisse moderner Mobile Games. Einmal bezahlen – grenzenlos spielen. Und nicht nur hier ist 1849 erstaunlich Old School, sondern auch in seinem Spielprinzip. Ich habe seit vielen Jahren keine Aufbausimulation mehr gespielt, die so konsequent bestraft und gleichermaßen mit Glücksgefühlen belohnt. Das Spiel punktet nicht mit zig neuen Gebäuden wie es andere Spiele tun, sondern mit strategischen Herausforderungen ohne dabei Genre-Einsteiger vor den Kopf zu stoßen, da alles nachvollziehbar im Spiel erklärt wird.

Hier handelt es sich in der Tat um eine echte Perle und für mich ganz persönlich auch um einen heißen Kandidaten zum Spiel des Jahres. Ich freue mich schon jetzt auf weitere Erweiterungen.

[appbox appstore 840299641]
+ ausbalanciertes Spielsystem
+ Sandbox-Modus
+ Tutorials und verschiedene Missionen
+ verschiedene Umgebungen
+ abwechslungsreiche Aufgaben
+ konsequente Wirtschaftssimulation
+ Handel mit anderen Städten
+ komplex
+ Weiterentwicklung durch Erweiterungspakete
+ auch auf älteren Geräten flüssig spielbar
+ solide Soundkulisse
+ keine Internetverbindung notwendig
+ GameCenter-Anbindung
– englisch

 

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