Mit 80 Days haben die englischen Entwickler von Inkle die berühmte Vorlage von Jules Verne in eine frische Form gegossen. Herausgekommen ist eine polierte Mischung aus Spielbuch, Adventure und Strategiespiel – und das es das englische Team kann, haben sie schon mit ihrer gefeierten Sorcery! Reihe bewiesen…

Im Spiel schlüpft man in die Rolle des Butlers Passepartout, der seinen Dienstherren Mr. Phileas Fogg auf eine Weltreise begleitet. Grund ist eine Wette, dies in nur 80 Tagen zu schaffen – die Geschichte kennt wohl jeder. Da es im Jahre 1872 spielt, ist dies eine solche Reise eine echte Herausforderung und der Weg ziemlich beschwerlich. Inkle haben dem Ganzen noch dezent eine schöne Steampunk-Atmosphäre gegeben, was super passt.

Startpunkt der Reise ist natürlich die Heimatstadt London, von da ab kann man seine Route über ein Netz von rund 150 Weltstädten selbst planen – als Vehikel gibt es Züge, Kutschen, Luftschiffe, große Dampfer, U-Boote, Motorkutschen oder Yachten. Spannend fand ich, dass jeder Spielversuch anders verläuft – je nach dem welche Informationen man bekommt und von welchen Routen man erfährt.

In einer Stadt angekommen, hat man folgende Möglichkeiten: Im Hotel übernachtet man, in der Bank kann man Geld holen, beim Erkunden der Stadt erfährt man neue Routen und Verkehrswege.

80 Days Stadt Dann gibt es noch den Markt. Hier kauft man Gegenstände für die Reise ein, Koffer übernehmen die dabei die Funktion eines Inventars. Ist ein Koffer zu klein, kann man noch weitere Koffer erwerben, manche Fahrzeuge haben aber nur Platz für eine bestimmte Anzahl an Gepäck. Viele Gegenstände sind nützlich: So kann man wichtige Konversationen mit einem Kartenspiel oder Zigarren verlängern und erfährt so zusätzlich wichtige Sachen. Manchmal bekommt man auch Hinweise, dass man billige Gegenstände in anderen Städten für das vielfache wieder verkaufen kann – die Reisekasse dankt es.

Für meine erste Weltreise habe ich im Spiel 78 Tage gebraucht, in Echtzeit waren dies rund 2-3 Stunden. Ich habe überwiegend Luftschiffe genutzt, wobei ich eins davon mit einem versehentlichen Schuss aus einer Pistole zum Absturz gebracht habe. Unterwegs wurde mir von einer 11jährigen Kleptomanin die Brieftasche gestohlen, ich habe in Acapulco den Bürgerkrieg unterstützt, ich bin der Cholera gerade so entkommen und habe eine Luftschiffbesatzung vor der Arbeitslosigkeit gerettet. Nebenbei muss man sich natürlich noch um seinen Arbeitgeber kümmern, dessen Gesundheit auf einer 100er Skala angezeigt wird.

80 Days Review Am Ende der Reise wurde dann alles ziemlich knapp und damit sehr spannend: Wir kamen mit dem Zug in New York am 70. Tag unserer Reise an und hatten nur noch 10 Pfund – Weiterfahrt unmöglich. Also auf zur Bank und neues Geld geordert – das dauerte damals aber ein paar Tage, bis ausreichend Geld herangeschafft war. Gerade so erreichten wir noch das Luftschiff direkt nach London mit drei Tagen Flugzeit… Geschafft!

Schönes Feature: Ist man online, wird (anonym) eingeblendet, wo sich andere Spieler auf der Karte gerade befinden und mit was sie fahren. So kann zum Beispiel herausfinden, welche Routen beliebt sind.

Schwächen zeigte das Spiel nur wenige: Bei manchen Gesprächen kann man sein Gegenüber zu Städten oder Routen befragen – bei den Routen bekommt man aber nur Namen zur Auswahl. Wer in Geografie nicht so bewandert ist, kann so nicht gezielt nachfragen. Auch hab ich noch nicht erlebt, dass man Sterben kann – aus jeder noch so gefährlichen Situation bin ich entkommen. Mit dieser Gefahr aber im Hinterkopf würde man sicher noch überlegter handeln. Immerhin wäre eine Option wünschenswert, die gleichzeitig ein Schwierigkeitsgrad wäre.

Die Grafik ist aufs Wesentliche reduziert, sieht aber mit den wenigen Mitteln verdammt schick aus. Unterm Strich gibt es zwei Ansichten: Zum Planen der Route dreht und zoomt man die frei bewegliche Weltkugel. In einer Stadt angekommen, sieht man ein typisches Gebäude und sein derzeitiges Fahrzeug. Es gibt Tag- und Nachtwechsel, auch die Reise wird mit dem gewählten Vehikel schön dargestellt. Viel Atmosphäre macht der Sound: Es gibt passende Eisenbahn- oder Kutschengeräusche, Wasserplätschern in Venedig, Schüsse in Acapulco oder Menschengemurel auf dem Markt in Bombay.

Das Spiel hat keine InAppKäufe und kommt komplett in Englisch daher – das solltet ihr schon etwas besser beherrschen, denn die Geschichte ist sehr schön geschrieben und verwendet daher komplexes Englisch, teilweise mit typischen Begriffen aus der Zeit.

Was besonders gut gelungen am Spiel gelungen ist: Inkle schaffen es mit 80 Days, das man sich gut in die Zeit versetzen kann – eine Zeit ohne Internet und ständig verfügbare Informationen. Hier ist Detektivarbeit gefragt, eine gute Route zu entdecken. Dazu baut das Spiel immer wieder schöne und spannende Ereignisse in die Reise ein. Die Optik ist super poliert, die Texte sind schön geschrieben und die vielen Möglichkeiten machen Lust auf ein wiederholtes Spielen – nebenbei bildet man sich noch etwas in Geografie weiter. Wenn ihr mit dem komplexen Englisch zurecht kommt, kann ich euch ein Anspielen einfach nur empfehlen.

[appbox appstore 892812659]
+ schicke Optik
+ schöner Schreibstil
+ gute Entdecker-Atmo
+ viele Vehikel
+ gute Präsentation
+ leichte Bedienung
+ abwechslungsreiche Ereignisse
+ jede Reise ist anders
+ Online-Feature mit Routen anderer
+ passende Soundkulisse
+ keine InAppKäufe
+ GameCenter-Anbindung
+ Universal-App
– komplexes Englisch
– Sterben nicht möglich
– Routen in manchen Dialogen nur als Name
– kein iCloud-Support