Ubisoft haben in den letzten Jahren die Assassin’s Creed Reihe ausgelotet und werfen in kurzen Zyklen immer neue Ableger mit immer neuen Settings auf den Markt – ohne dabei spielerisch wirklich neue Ideen zu entwickeln oder etwas am Prinzip zu ändern. Und das scheint ja der Spielerschaft immer noch zu gefallen, der Erfolg gibt Ubisoft recht. Der 14. Teil der Reihe ist nun Assassin’s Creed: Identity, ein echter iOS Ableger mit freier Spielwelt im spätmittelalterlichen Italien. Das bisher für iOS erschienene Assassin’s Creed Pirates war zwar ein richtig gutes Piratenspiel, hatte aber wenig mit dem klassischen AC-Gameplay und Klettereinlagen zu tun. Ob es nun besser wird? Ich hoffe es und freue mich auf das Spiel… Also, zurück ins (Spät-)Mittelalter!

Zu Beginn erstellen wir uns einen eigenen Assassinen und können aus vier Klassen wählen – halt, nur aus drei Klassen, die vierte Klasse kann man später nur im Shop freischalten. Beim Erstellen darf man dem Mörder sogar (s)einen eigenen Namen verpassen und ein Gesicht aussuchen. Nicht schlecht!

Die 10 Level umfassende Kampagne führt euch quer durch das Italien des 15. Jahrhunderts, ihr könnt zum Beispiel Rom oder Florenz mit ihren Sehenswürdigkeiten und Promis (Leonardo da Vinci) entdecken. Dazu gibt es auf Wunsch zu allen Fähigkeiten ausführliche Tutorials. 10 Level klingt nicht viel und es ist leider auch nicht viel, da jede Mission recht kurz ist. Sie bestehen aus einem Hauptziel und einem optionalen Nebenziel, dass mit zusätzlicher Ausrüstung lockt. Die Missionen drehen sich um eine Vereinigung namens „Die Krähen“ und natürlich muss man permanent töten, schließlich ist man Assassine. Die Geschichte ist an sich überlegt, die Umsetzung im Einzelnen aber an den Haaren herbeigezogen. Rund zwei Stunden könnt ihr für die 10 Missionen einplanen – deutlich mehr, wenn ihr viel entdecken und alle Nebenmissionen erfüllen wollt. Immerhin: Eine neue Kampagne namens „Blutrote Dämmerung“ wird im Spiel bereits angeteasert.

assassinscreedidentity_review_2 Die Grafik ist auf dem iPad wirklich eine Augenweide und es läuft auch noch auf älteren iGeräten flüssig. Die Stadtteile sind zwar klein, wirken aber lebendig, überall laufen Bewohner herum und gehen ihrem Tagwerk nach. Erledigt man allerdings an einem belebten Ort eine Wache, dann herrscht nur kurz Aufregung, es gibt kaum Geschrei und Sekunden später laufen alle wieder an mir (und der Leiche) vorbei, als wäre nichts gewesen. Uff. Das wirkt nicht besonders realistisch und ist der Immersion alles andere als zuträglich. Auch wenn man direkt hinter alarmierten Wachen entlang rennt oder der Kollege tot auf der eigenen Route liegt, interessiert es die Gesetzeshüter nicht im Geringsten. Aber gut, bei einem Mobil-Spiel muss man eben Abstriche bei der KI machen.

Assassins Creed Identity Review

Die Freuden der permanenten Internet-Verbindung…

Die Ladezeiten sind mit bis zu 15 Sekunden schmerzhaft lang, auch wird bei allen Aktionen im Inventar oder bei den Fähigkeiten auf dem Server gespeichert, was ebenfalls zu lange dauert und Änderungen zur Geduldsprobe werden lässt – immerhin lassen sich die Missionen in einem Rutsch spielen. Zudem muss man permanent online sein, also nix mit unterwegs spielen für die meisten Spieler. Während meines Testes gab es zudem sehr häufig Verbindungsabbrüche, was aber auch an der Belastung der Server kurz nach dem Release liegen mag. Nach einigen Tagen laufen die Server nun rund, die Ladezeiten waren beim erneuten Anspielen nun deutlich schneller und kaum noch störend.

Assassins Creed Identity Review

Der Shop ist umfangreich.

Für den erstellen Charakter gibt es ein Level-System und einen Fähigkeitenbaum, in dem man gewonnene Fähigkeitspunkte anlegt. Allerdings ist die Schwierigkeit im Spiel ziemlich gering, selbst viele Gegner schaltet man schon zu Beginn mit wenigen Schwerthieben aus. 10 Sekunden Knopf drücken, fertig. Man kann zwar taktisch kämpfen, indem man Spezialfähigkeiten nutzt, wirklich nötig ist dies aber nicht. Später gibt es sogar eine Sekundärklasse, mit der man seinem Charakter noch zusätzliche Fähigkeiten ermöglichen kann – das kostet allerdings Spielwährung.

Es gibt es einen InGame-Shop, bei dem ihr für zusätzliche Spielwährung viele Euro ausgeben könnt. Dazu gibt es bei den zahlreichen Möglichkeiten echtes Geld loszuwerden, auch unangenehme Items wie Belohnungen für Werbe-Videos (aber erst später irgendwann, wenn man die Mitteilungsfunktion aktiviert hat) oder Booster-Tränke für Missionen, die beispielsweise nur zwei Stunden in Echtzeit anhalten. Damit soll der Spieler im Spiel gehalten werden – ich möchte aber bei einem Premium-Spiel bitteschön selbst entscheiden, wann ich spielen will und nicht das Gefühl bekommen, jetzt besser weiterzuspielen. Hetzen lassen kann ich mich woanders – ich spiele doch, um mir eine schöne Zeit zu machen.

Dennoch muss man sagen, dass man die Kampagne komplett spielen kann, ohne zusätzlich Geld auszugeben. Trotzdem hinterlässt es einen Nachgeschmack, wenn man ständig Dinge vorgehalten bekommt, die man haben könnte – für eine kleine Investition und dickes Grinding. Immerhin wird es nicht so offensiv wie beispielsweise bei Gameloft-Titeln offeriert.

Noch etwas, dass mich persönlich stört: Der Animus und die Art, wie sich die Assassinen in die Spielwelt einfügen, wird immer abstruser. Im ersten AC-Teil wurde ein Mann mit Hilfe des Animus in die (seine) Vergangenheit geschickt, um dort Morde zu verüben und damit den Lauf der Geschichte zu ändern. Das war eine tolle Idee, zumal die Entwickler so Zeit und Ort beliebig wechseln und plausibel erklären konnten, warum man im Todesfall wiederaufersteht. In diesem AC-Teil ist der Animus mehr eine Art Kommunikationszentrale, den angeschlossenen Probanden sieht man gar nicht mehr. Sind wir es gar? Auch kommt der Assassine hier angeblich dem Volk gegen Bösewichte zu Hilfe – auch das scheint mir a) an den Haaren herbeigezogen und b) im Widerspruch zur Grundidee der ersten AC-Teile. Aber die musste sich ja schon bisher ganz schön verbiegen lassen, damit der Entwickler immer neue Spiele auf den Markt werfen konnte… Leider. Ein Reboot der Serie wie bei Tomb Raider wäre dringend von Nöten.

Assassin’s Creed: Identity ist endlich ein echtes Assassin’s Creed Spiel für die mobile Plattform und es macht Laune, auf so einem dünnen Gerät durch solch eine schöne Spielwelt zu turnen. Es gibt in der Kampagne eine lebendige Spielwelt, in der man sich frei, kletternd und meuchelnd bewegen kann. Auf technischer Seite besticht es mit flüssiger Grafik, einer tollen Soundkulisse und einer präzisen Touch-Steuerung plus zusätzlicher Alternativen wie MFi Controller. Allerdings gibt viele Dinge wie eine Premiumwährung oder zeitbasierte Booster, die man sonst eher aus einem Freemium-Spiel kennt. Dazu kommt eine zusammenkonstruiert wirkende Story in einer recht kurzen Kampagne. Nervig sind auch die teilweise langen Ladezeiten und die permanent benötigte Internetverbindung, die Spielen unterwegs quasi ausschließt. Am Ende ist AC: Identity ein guter und würdiger Ableger für mobile Plattformen, allerdings scheint das Spiel für mich eher auf der Suche nach seiner Identität, als hier einen markanten Assassinen zu bieten, in den ich mich als Spieler gern hineinversetzen möchte.

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+ tolle, lebendige Spielwelt
+ läuft flüssig
+ Missionen mit optionalen Nebenquests
+ vier Assassinen-Klassen
+ Tutorials
+ Kampagne
+ Charakter-Entwicklung
+ gutes Interface
+ schöne Animationen
+ coole SloMo-Aktionen
+ gute Touch-Steuerung
+ gute Soundkulisse
+ InAppKäufe nicht für Kampagne nötig
+ iOS MFi Controller
+ Spielstand auf Server, aber…
+ deutsch
+ GameCenter-Anbindung
+ Universal-App
– permanente Internetverbindung nötig
– teilweise lange Ladezeiten
– konstruierte Story
– dumme KI
– nervige Booster / Premiumwährung
– hohe Preise im Shop
– hoher Speicherbedarf (2,1 GB)
– … keine iCloud Savegames