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Review: Ember – Vom Fanprojekt zum Baldur-Schreck?

Bereits zehn Jahren befand das isometrische RPG Ember in Entwicklung, bevor Entwickler N-Fusion zusammen mit 505 Games das Rollenspiel im September 2016 für iOS und PC veröffentlichte. Das Projekt gilt als Liebesbrief an Klassiker wie Ultima oder Baldurs Gate und hat uns, zumindest auf iPhone und iPad, einige spaßige Stunden bescheren können.

Copycat oder Revolutionär?

Wie es sich für eine Hommage an die alten Klassiker gehört, greift Ember natürlich vieles aus der Geschichte der isometrischen RPGs auf, statt das Rad neu zu erfinden. Ember macht zu keinem Zeitpunkt ein Hehl aus seinen Ursprüngen und den Beweggründen seiner Existenz: Es präsentiert von Anfang bis Ende retroinspirierte RPG-Kost, die sich in den besten Momenten wie ein verschollen geglaubtes Expansion Pack des alten Baldurs Gate anfühlt.

Das beginnt schon mit der Geschichte unseres Protagonisten. Wir sind Anhänger des alten Ordens, der „Lightbringer“, welche die leuchtenden Ember-Kristalle hüten. Diese Zeiten sind jedoch zu Beginn des Spiels schon lange vorbei, die Ember fast vollständig verschwunden und eine neue dunkle Macht, die „Darkbringer“, sind auf dem Vormarsch.

Grundsätzlich würde das unseren Hauptcharakter auch herzlich wenig interessieren, denn dieser ist zu diesem Zeitpunkt schon lange tot – wenn er nicht von einer unbekannten Person wieder zurück zum Leben erweckt werden würde, um Beistand zu leisten. Unsere neue Lebensaufgabe ist danach selbsterklärend: das Gedächtnis und die Ausrüstung wiedererlangen und die Welt retten. Was auch sonst.

Abgespeckte Mobile-Version oder gutbetuchter PC-Port?

Besonders wenn es sich um Portierungen handelt, stellt sich bei iOS-Spielen oftmals die Frage, welche und wie viele Abstriche für die mobile Fassung gemacht wurde. Im Fall von Ember lautet die Antwort erfreulicher Weise: „keine“!

Ähnlich wie in der PC-Version mit der Maus, erkunden wir auf iPhone und iPad die Welt von Ember mit den Fingerspitzen, treffen neue Charaktere, bekämpfen grässliche Monster und craften eine unglaubliche Anzahl an Gegenständen. Im direkten Vergleich zu ebenfalls verfügbaren PC-Ports wie denen von Baldurs Gate auf iOS macht Ember dabei sogar eine deutlich bessere Figur. Das komplette Spielgeschehen wurde für den Touchscreen optimiert. Zwar gibt es immer wieder mal kleinere Probleme in der Handhabung, vor allem bei der Menüführung im Inventar, ansonsten funktioniert aber alles wie es soll und muss, damit wir nicht unnötig oft das Zeitliche segnen. Einzige Außnahme sind hierbei die iOS-Geräte mit kleinen Bildschirmen: Für die bestmögliche Bedienung empfehlen wir mindestens ein iPhone 6+, da das ganze Geschehen ansonsten doch schlecht im Griff zu behalten ist.

Wer Baldurs Gate und ähnliche Genre-Vertreter kennt, der wird bei Ember keine Einstiegsschwierigkeiten haben. Das Kampfsystem verläuft in Echtzeit mit der Option jederzeit taktische Pausen einzulegen, in denen wir unseren (bis zu drei) Team-Charakteren die nächsten Aktionen und Angriffsziele zuweisen können. Neben den Standard-Attacken haben wir die Möglichkeit, unseren Charakteren durch Ausrüstungsgegenstände zusätzliche Attacken und Fähigkeiten beizubringen, die abhängig von unserer Mana-Anzeige eingesetzt werden können. Das komplette System ist so simpel wie möglich gehalten, kann aber gerade durch die ordentliche Gegner-KI bereits früh im Spiel sehr fordernd werden.

Einen großen Teil des Spiels nimmt das großzügige Crafting-System ein, durch das wir eine Vielzahl an Gegenständen erstellen können um auf unsere Reise adäquat vorbereitet zu sein. Der einzige Wermutstropfen ist, dass das Crafting zumindest auf den beiden unteren Schwierigkeitsgraden zu sehr vernachlässigt wird, da wir oftmals problemlos bessere Objekte finden als wir craften können. Gerade aufgrund der vielen Möglichkeiten hätten wir uns hier auch eine tiefere und zwingendere Integration dieses Systems gewünscht.

Ember ist ein langer Premiumtitel ohne IAPs

Ember macht auch optisch so einiges her. Im direkten Vergleich mit der Konkurrenz ist die Kartengröße zwar begrenzt, dafür ist diese aber wunderschön und divers hergerichtet. Immer wieder gibt es kleine Highlights, von Gebieten mit Riesenspinnen, in denen eingesponnene Körper von der Decke hängen, über die von Grabräubern überflutete Gruft, in der wir zum Leben erweckt werden, bis hin zu einer unglaublich großen Bibliothek – alles ist stimmig und einzigartig in Szene gesetzt und lässt die Spielwelt so größer erscheinen als sie ist.

Ember mag Baldur’s Gate & Co zwar bei Weitem nicht in die Tasche stecken, es ist aber mit Sicherheit eins der besten RPGs, die wir 2016 für iOS gesehen haben. Zwischen 20 und 30 Stunden können mit Leichtigkeit in den Titel investiert werden – eine Zahl, die bei einem Preis von knapp 10€ ohne IAPs die perfekte Balance im Preis-Leistungsverhältnis trifft. Balance ist auch etwas, das den Titel generell ausmacht. Alle Inhalte, vor allem die Haupt- und Nebenquests, sind nicht zu viel und nicht zu wenig, sondern treffen oftmals den „Sweet Spot“ zwischen kurzweilig und repetitiv. Auch von der technischen Seite gibt es wenig auszusetzen, selbst in der ersten Version begeisterte Ember mit einer ausgereiften Präsentation ohne technische Probleme. Genau so wollen wir alle unsere Premiumtitel ab jetzt haben, bitteschön!

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