Nach fast 20 Jahren wird Planescape: Torment in Form einer Enhanced Edition noch einmal neu aufgebahrt. Dafür verantwortlich sind die Entwickler Beamdog, die schon ähnliche Arbeit mit der Baldurs Gate-Reihe geleistet haben. Am Spiel selber wurde bis auf kleine kosmetische Details und optimierte Ladezeiten nicht viel verändert. Wirklich neu ist nur die Anpassung des Bildformats und der Auflösung an aktuelle Ausgabegeräte. Fans von Planescape: Torment freuen sich also über unveränderte Nostalgie in 16:9. Aber wie gut haben Overhaul Games die iOS – Portierung des Klassikers hinbekommen?

Zeitlose Qualitäten

Nach heutigen Maßstäben gehören die Geschichte, die Charaktere sowie die einzigartige, dystopische Fantasy-Spielwelt noch immer zur Speerspitze des Genres. Nur wenige Rollenspiele können Planescape: Torment in diesen Disziplinen das Wasser reichen.

Darum geht’s: Zu Beginn des Spiels erwacht man in einer Leichenhalle, ganz ohne Erinnerungen an sein früheres Leben. Nicht einmal der eigene Name ist einem bekannt. Aber schnell stellt man fest, dass man unsterblich ist und aus dieser besonderen Ausgangssituation entsteht keine klassische Held-rettet-Welt-Geschichte. Nein, vielmehr geht es darum, die eigene Vergangenheit aufzudecken und den Grund für das eigene Dahinscheiden zu erfahren. Dabei wartet eine tiefe, detaillierte Welt voller skurriler Charaktere, Kulten und anderen Gruppierungen, in der der Tod, Magie und ein guter Schwertarm eine wichtige Rolle spielen.

Alles setzt irgendwann Staub an

In einigen Punkten hat der Zahn der Zeit deutliche Spuren an Planescape: Torment hinterlassen. Das jederzeit pausierbare Kampfsystem ist nicht gerade die Stärke des Spieles und wirkt heutzutage etwas steif und altbacken.

Besonders die Präsentation des Spieles dürfe viele jüngere Spieler abschrecken: Die Grafik war um die Jahrtausendwende schon nicht die Beste. Man vergleiche den Titel nur mal mit dem etwa gleichaltrigen Diablo 2. Eine Vertonung der Dialoge gibt’s auch nicht. Stattdessen arbeitet man sich durch unzählige, hervorragend geschriebene Textboxen, die gut die Hälfte des Spielerlebnisses ausmachen.

Wer für diesen Lesespaß nicht die nötige Bereitschaft und Begeisterung mitbringt, wird mit Planscape Toment wohl keine Freude haben. Dazu kommt noch das Fehlen von modernen Komfort-Features wie Tutorials, Questmarkern oder Schnellreisepunkten.

Großer Umfang und spielerische Freiheiten

Je nach Spielstil kann man für einen Spieldurchlauf bis zu 70 Stunden einplanen. Die meisten Situationen und Aufgaben in Planscape: Torment bieten dabei mehrere Lösungsansätze. Die hängen von den Fähigkeiten des Protagonisten und der Heldenparty ab, die man während des Spiels rekrutiert. So lassen sich zum Beispiel viele Kämpfe durch den Einsatz von Charisma oder Intelligenz umgehen. Aber wer möchte, kann natürlich auch versuchen, sich komplett durch das Spiel zu prügeln.

Ein mehrmaliges Durchspielen bietet sich auf jeden Fall an, da einige Entscheidungen auch maßgebliche Konsequenzen mit sich ziehen. Zusätzlich zur hervorragenden Hauptstory warten noch eine Menge optionale Nebenaufgaben, die mit eigenen kleinen Geschichten sehr stimmig in die Welt eingearbeitet sind und diese zusätzlich vertiefen.

Wie gut ist der iOS – Port?

Die iOS Portierung wirkt leider ein wenig lieblos, aber immerhin solide. So wurden zum Beispiel die Bedienhinweise bei der Charaktererstellung unverändert übernommen und man fragt sich, was den eigentlich dieser „mysteriöse Mauszeiger“ ist.

Hier und da passt auch mal ein Wort nicht richtig in die Textbox. Dafür gab es keine Abstürze und auch die allgemeine Bedienung ist gut gelungen. Mit Hilfe des stufenlosen Zooms lassen sich auch kleinere Objekte innerhalb der Spielwelt gut auswählen und die pausierbaren Kämpfe spielen sich dank der Schnellzugriffs-Leisten recht komfortabel. Nur einige Ausgänge aus Gebäuden sind nach wie vor nur schwer zu erkennen und besitzen nicht gerade großzügig gesetzte Hot-Spots. Gelegentlich musste ich so leicht genervt die Wände systematisch nach einer Tür absuchen.

Wer bisher nur mit aktuellen Rollenspielen zu tun hatte oder Neueinsteiger ins Genre ist, dürfte mit Planscape: Torment einige Schwierigkeiten haben. Durch die altbackene Präsentation und komplexen Spielmechaniken muss man sich den Einstieg ins Spiel erstmal erarbeiten. Aber es lohnt sich. Gerade die Story und die fantastische Spielwelt überzeugen auch heutzutage noch und stellen viele moderne Genrevertreter locker in den Schatten. Fans des Spiels können sich jedenfalls über ein unverändertes Spielerlebnis, jetzt auch für unterwegs, freuen. Die Beerdigung des Klassikers kann noch warten.

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