Da stehe ich nun. Alleine vor meiner Sternwarte. Mein Hund döst eine Runde vor seiner Hütte, als plötzlich aus heiterem Himmel eine komische Tröte auf die Erde fällt. Ich bin verwirrt. Und wahrlich, der Anfang von Samorost 3 verwirrt den Spieler, der sich erst einmal an die eigenwillige Rätsel-Sprache von Entwickler-Team Amanita Design gewöhnen muss und ohne Vorwarnung oder große Story ins Spiel geworfen wird. Sehr ähnlich zu den Vorgängern Botanicula und Machinarium geht es hier komplett ohne Sprache oder Text zur Sache, umso mehr müssen hier Fantasie und Hirn einen Großteil des Abenteuers übernehmen.

Eigenwillig, aber wunderschön

Wir spielen einen kleinen Weltraum-Gnom im weißen Ganzkörper-Overall, der in einer riesigen Sternwarte wohnt (die wohl aus Machinarium geborgt wurde). Dieser besitzt zudem ein niedliches Aussehen, einen anschmiegsamen Hund und – viel wichtiger – auch noch eine magische Flöte. Mit der kann man nicht nur adrett tuten und zum Beispiel Geister rufen, sondern sie auch als Hör-Rohr benutzen und so verborgene Dinge hören. Übergeordnetes Ziel ist es natürlich herauszufinden, woher die Flöte überhaupt kam und warum sie vor unserer Nase landete.

samorost 3

Die Rätsel sind teilweise knackig, aber abwechslungsreich

Neben dem direkten Interagieren mit der Spielwelt – für die es leider keine Hotspot-Funktion gibt – werden immer wieder kleine Maschinen oder Gegenstände eingeblendet, mit denen man sich noch einmal detailliert beschäftigt. Das können Rätsel in Form von Maschinen-Hebel sein, wichtige Bücher, Kartenspiele, Fernrohre, Puzzle, Farb- oder Musikrätsel sein. Samorost 3 ist in dieser wesentlichen Hinsicht wirklich abwechslungsreich und gibt nicht nur einmal dicke Denknüsse zum Knacken auf.

Die Rätsel sind nicht wirklich leicht und man braucht zu Beginn des Spieles eine kleine Weile, um sich in die eigenwilligen Lösungswege der Rätsel hineinzudenken. Auch weil alle Figuren und Dinge mit einer gewissen abstrakten Sprache agieren und ihre Anliegen auf ihre eigene metapherlastige Art mitteilen. Samarost 3 lädt zum selbstständigen Denken ein, will erkundet werden und gibt wenig vor – alte Zockersäcke wie ich werden sich an früher erinnert fühlen. Aber wenn man sich darauf einlässt, kommt man aber in einen Spielfluß, hat kleine Erfolge und bleibt motiviert beim Spielen.

Hilfe, ich stecke fest!

samorost 3

„Schnell mal“ in der Hilfe nachschauen ist nicht drin…

Es gibt eine Hilfsfunktion, die auf Wunsch die Lösung jedes Rätsel aufzeigt. Das kann Vor- und Nachteil sein. Damit man nicht zu schnell aufgibt und in der Hilfe nachschlägt, ist der Zugang zum Hilfsbuch mit einer Art Safe-Mechanismus gesichert, den man jedesmal aufs Neue knacken muss.

Das finde ich, neben den dreistufigen Hinweisen wie bei The Room, eine der besten Lösungen gegen Steckenbleiben. Zudem muss man sagen, dass die Hilfen nur gezeichnet und keineswegs immer eindeutig sind. Überlegen muss man also trotzdem noch.

Wenn das tschechische Team von Amanita Design etwas richtig gut kann, dann verrückte und bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Spielwelten erfinden und visualisieren.

Samorost 3 iOS

Die Grafik ist eine Augenweide, jeder Bildschirm könnte ein Gemälde sein

Auch in diesem Titel wurde wieder die typische Mischtechnik verwendet, bei der aus verschiedenen Alltagsgegenständen mit viel Natur eine bizarre Umwelt entsteht. Vor allem auf dem iPad kann man das Spiel richtig genießen, auf dem iPhone ist es (dank Zoom) spielbar, ist aber teilweise zu klein, um alle Details gebührend wahrzunehmen. Es werden Kopfhörer empfohlen und auch bei diesem Titel des Entwicklers kann ich mich wieder einmal nur anschließen: Der geniale Soundtrack von Floex (kaufst Du hier) und die eigenwilligen Soundeffekte (allesamt wohl mit dem Mund vertont) verdienen es, bewusst gehört zu werden. Erst zusammen wird man richtig ins Spiel hineingezogen.

samorost 3 Die Portierung von Samorost 3 für den Touchscreen ist hervorragend gelungen: Die Grafik ist scharf, es lässt sich mit den bekannten Gesten zoomen. Den kleinen Gnom bewegt man mit einfachen Touches an die gewünschte Stelle und auch die Rätsel lassen sich intuitiv mit der Hand bedienen.

Übrigens: Lasst euch nicht von der 3 im Titel täuschen, Samarost ist das erste Spiel der Reihe, dass für iOS erschienen ist. Den ersten Teil kann man – Flash vorausgesetzt – hier komplett kostenlos im Browser spielen. Den zweiten Teil gibt es nur direkt beim Entwickler zu kaufen. Der dritte Teil ist aber in allen Belangen der bisher ausgereifteste Vertreter der Reihe und definitiv sein Geld wert.

Was soll ich noch groß schreiben: Samorost 3 ist ein perfektes Adventure. Wichtigste Zutat für langen Spielspaß sind natürlich die Rätsel und die sind hier wirklich gelungen – wenn man sich einmal an die abstrakte Heransgehensweise gewöhnt hat. Nicht leicht und nicht zu schwer, auch dank der Hilfsfunktion. Allerdings sollte man schon ein paar Adventures gespielt haben… Abgesehen vom Gameplay wird die zauberhafte Geschichte noch von einem zauberhaften Artwork getragen, dass alleine schon ein Kaufgrund ist. Dazu noch die tolle Soundkulisse und die Spielzeit von mindestens 6 Stunden – so geht anspruchsvolle Unterhaltung, mit einer großen Portion Verrücktheit und Liebe zum Detail. Ein Muss für Rätselfreunde, die Spaß am Entdecken haben.

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