Für die Entwickler/Publisher Wadjet Eye Games (Gemini Rue, Blackwell Reihe, Primordia, …) ist es keine Frage ob düsteres Ende oder Neuanfang: Die Point&Click-Profis beweisen nun schon seit über 10 Jahren ein gutes Händchen für stimmige Abenteuer und führen diese Tradition mit dem post-apokalyptischen Shardlight jetzt auch für iOS fort.

Amy Wellard, die Protagonistin des Grafik-Adventures, muss sich die Frage nach einem Neuanfang aber stellen. Infiziert mit „Green Lung“ bleibt ihr nämlich nicht mehr viel Zeit zu Leben. Durch einen tragischen Zufall gerät sie zudem in einen Konflikt, der das zukünftige Leben aller Menschen maßgeblich beeinflussen und möglicherweise das eigene noch retten kann.

… nachdem die Bomben fielen

In Shardlight liegt die uns bekannte Welt nach einem katastrophalen Zwischenfall in Trümmern. Die sogenannten Aristokraten haben sich in ihre Prachtbauten zurückgezogen und genießen den elitären Status sowie die uneingeschränkte Kontrolle über die verbleibenden Rohstoffe. Der Rest der Menschen lebt in den Ruinen der alten Welt und ist der Strahlung sowie Krankheiten und Hunger ausgeliefert. Wer sich infiziert, der stirbt. Oder er hat das Glück in der „Gegenmittel-Lotterie“ zu gewinnen. Um an die dafür benötigten Tickets zu gelangen, muss man aber für die Regierung die Drecksarbeit erledigen.

shardlight Amy Wellards Aufgabe ist es außerhalb der Stadt einen Generator wieder zum Laufen zu bringen. Doch der Job verläuft für sie nicht wie erhofft und als Folge kreuzt sie bald den Weg einer Widerstandsbewegung. Vielleicht bieten ja diese Gegner der Aristokraten eine sichere Möglichkeit, um an ein Gegenmittel zu gelangen und dem ansonsten unausweichlichen Tod zu entkommen?

Dystopie im Retro-Gewand

Keine Angst: Shardlight ist zum Glück nicht nur ein wirklich deprimierender Blick in eine dystopische Zukunft.

shardlight Trotz der düsteren Atmosphäre und der eher ernsten Themen versprüht gerade die Protagonistin immer einen Hauch von Hoffnung. Klar, zu Lachen gibt es bei Shardlight sicher nicht viel, aber lockere Gespräche und gelegentlichen Pointen heitern die Stimmung immer wieder auf.

Alle Dialoge sind durchweg sehr gut und von zur Spielfigur passenden Sprechern vertont (nur englische Sprachausgabe). Zusammen mit der stimmigen Musik machen sie einen großen Teil der dichten Atmosphäre von Shardlight aus. In Punkto Optik verdient sich das Adventure das Prädikat „alte Schule“ und passt somit ebenfalls ganz gut in den Spiele-Katalog von Wadjet Eye Games. Eher minimalistisch und mit niedriger Auflösung ist das sicherlich Geschmacksache, dürfte aber besonders Retropuristen ansprechen. Nur die steifen Bewegungsanimation der Figuren und die doch recht statisch Hintergründe kann ich hier wirklich bemängeln.

Spielerisch nicht herausragend, dennoch gut

Insgesamt wird die solide Geschichte von Shardlight mit einem sehr gemächlichem Tempo erzählt. Gerade der Konflikt zwischen den Aristokraten und dem Widerstand bietet leider nicht viel Neues und ist besonders im letzten Drittel des Spiels recht vorhersehbar. Der Kult um den sogenannten „Reaper“ und dessen schwarz-gefiederten Vorboten bringt noch eine mysteriöse Ebene in die Geschichte. Echte Spannung kommt trotzdem eher selten auf. Unterhaltsam ist die Story aber allemal.

shardlight Dafür stehen die durchdachten und nie zu schweren Rätsel im Vordergrund, die innerhalb des Genres aber meist zur Standardkost gehören. Einige Lösungswege haben sich mir nicht sofort erschlossen, waren aber im Nachhinein immer logisch. Ein bisschen herumprobieren und Knobeln macht ja zum Teil auch den Reiz von Grafik-Abenteuern aus.

In klassischer Point&Click-Manier sucht man außerdem die Umgebung nach Gegenständen ab und verwendet oder kombiniert diese an entsprechender Stelle. Besonders hilfreich war dabei die Armbrust, die bei einigen Aufgaben zum Einsatz kommt. Zusammengefasst bietet Shardlight also Spielerisch keine Innovationen ist in diesem Bereich aber durchaus mit gut zu bewerten.

Hervorzuheben sind zudem die Charakterzeichnugen der einzelnen Figuren: Gerade Protagonstin Amy bietet mit ihrer bewegten Vergangenheit im Zusammenhang mit ihrem Vater und vielen Details, wie zum Beispiel ihrer Liebe für Autos und ihrer Beziehung zu den anderen Bewohnern des Ödlands, eine greifbare Tiefe.

Trotz kleinerer Schwächen und Kritikpunkte ist Shardlight ein weiteres gelungenes Grafik-Adventure aus dem Hause Wadjet Eye Games. Zwar bietet das Spiel „nur“ solide Rätsel und eine gute (aber recht spannungsarme) Geschichte, wer aber ein düsteres und erwachsenes Point&Click Adventure mit ernsten Themen, einem tollen Setting und einer wirklich dichten Atmosphäre sucht, der wird von Shardlight nicht enttäuscht werden.

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