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Review: Surgeon Simulator – Ärzte im Suff schneiden Kassenpatienten uff!

Dr. Mabuse bitte in den OP! Schwester: Trennschleifer! Spritze! Und so ein komisches Ding mit Klinge vorne dran! Nun gibt es den Surgeon Simulator von Bossa Games endlich auch im AppStore! Bei diesem Spiel *hust* hat man auf zweierlei Weise mit Promille zu tun: Zum einen steuert man die zittrigen Hände eines Arztes, der wohl schon nüchterne Tage und längere Schlafphasen hatte, auf der anderen Seite bewegt sich die Zahl der Überlebenden dieses OP-Saals wohl auch im Promillebereich – zumindest wenn ich operiere! *Dämonisches Lachen* Gleich vorweg – hier dürft ihr keine anatomisch korrekte App zum Erlernen des medizinischen Handwerks erwarten. Wobei, wie ein Handwerker kam ich mir doch irgendwie vor… *nochmaliges dämonisches Lachen*

Lange Zeit hatte ich mit dem durchgeknallten Spiel bei Steam geliebäugelt, spätestens seit dem es Oculus Rift Support hatte. Doch die Gameplay-Videos zeigten eklatante Steuerungsmängel auf. Da es aber nun auch für iOS erschien – vorerst nur fürs iPad – kam ich natürlich nicht drumherum das Spiel zu testen – zumal es doch eigentlich wie gemacht ist für einen Touchscreen. Oder? Die erste Einführung in die Steuerung schien simpel: Zwei Finger bewegen den Bildschirm, benötigte Geräte erfasst man mit einem Finger, auf die Stelle, an der man mit ihnen arbeitet, legt der zweite Finger fest.

Worum geht es eigentlich? Als Möchtegern-Arzt operiert man den armen Bob, ich nehme an Kassenpatient. Zuerst geht es los mit einer einfachen Herztransplantation, ist diese geschafft, wird die nächste Herausforderung freigeschalten. Und das für Spieler wie für Patient. Das der Simulator nicht wirklich ernst gemeint ist, merkt man schnell. Zum Wechsel des Herzen entfernt man vorsichtig mit dem Trennschleifer den kompletten Brustkorb, bevor man die Speiseröhre kappt um danach besser wie ein Besessener mit einem Messer das noch pumpende Herz herauszuschneiden. Danach wirft man das Ersatzteil in den fast geleerten Bauchraum und die Operation wird als erfolgreich gewertet. Wahrscheinlich nähen danach weniger betrunkene, aber schlecht bezahltere OP-Schwestern den armen Bob wieder zu. Wozu bin ich auch Oberarzt?!

Das man beim Spielen wie nach drei Flaschen warmen Met im Sturztrunk fühlt, ist kein Feature des Spiels, sondern die störrische Steuerung, die alles andere als gut auf dem Touchscreen funktioniert. Nimmt man eine Schere vom Beistelltisch, passiert es nicht selten, dass man mit ihr auf dem Weg zurück zum Patienten den Bauchraum mit allerlei Unrat vollmüllt. Hoppla! Einerseits sehr unterhaltsam, aber auch ärgerlich. Elektrische Werkzeuge wie den Trennschleifer oder den Bohrer kann man nur einschalten, wenn man den Einschalter erreicht – wenn man Glück hat und das Gerät gerade günstig liegt. Auch ein laufendes Schneidewerkzeug ablegen geht nur sehr umständlich. Wer hier wirklich versucht eine Operation zumindest zu Ende zu bringen, wird sehr häufig scheitern! Die Geräte arbeiten manchmal weit weg vom festgelegten Ziel, verkanten sich irreparabel oder fallen unwiederbringlich runter. Einfach nur furchtbar!

Wie die nächste Operation abläuft, kann man im Hauptmenü erfahren, allerdings wirklich nur sehr grob und ungenau. Noch ärgerlicher: Hat man sich die Schritte nicht gemerkt, muss man die Operation abbrechen und noch einmal im Hauptmenü nachschauen, hier fehlt ein Nachsehen im OP! Dort findet man auch den Multiplayer-Modus, in dem man mit einem Freund via GameCenter zusammen um die Wette operieren kann. Leider nicht wirklich zusammen in einem OP-Saal, sondern jeder für sich allein – der andere Spieler bekommt immer die Arbeitsschritte des Kollegen eingeblendet. Wer die zuerst OP am schnellsten und besten ausgeführt hat, gewinnt. Dazu kann man seine Operationen auch aufzeichnen, um es staunenden Freunden zum Kaffeekränzchen zu präsentieren oder beispielsweise bei Youtube hochzuladen.

Grafisch ist die Portierung gut gelungen: Die PC Version wurde etwas für den Touchscreen überarbeitet und vereinfacht, die Hände des Arztes sieht man hier nicht mehr. Dafür gibt es detaillierte Werkzeuge, korrekte Schatten und schöne Innereien. Leider fehlen Möglichkeiten die Grafik auch für ältere iGeräte anzupassen, weshalb ihr zum jetzigen Stand mindestens ein iPad 3 oder iPad mini 2 mit in den OP Saal nehmen solltet. Die Musik kann man vernachlässigen, sie passt überhaupt nicht, immerhin sind die Effekte gut gewählt. Beide Klangparameter lassen sich in den Optionen stufenlos regeln.

Den Surgeon Simulator kann man nur wirklich stark betrunkenen Oberärzten empfehlen, die Freude am Leid ihrer Patienten haben und auch zu sich selbst nicht zimperlich sind. Schließlich ist vor allem die ungenaue und störrische Steuerung (derzeit) eine Qual und nur mit genügend Betäubungsmittel zu ertragen. Entschädigt wird man mit einem verrückten und schwarzhumorigen Spiel, das vor allem zusammen Spaß macht und bei dem oft Schadenfreude aufkommt. Dank Multiplayer-Modus kein Problem – und das rettet die iPad Version. Auch grafisch hat man hier eine gelungene Portierung, die auf dem iPad gut aussieht. Bei einem Preis von 5,49€ solltet ihr noch warten, bis es billiger oder mit Steuerungsupdate angeboten wird… Immerhin billiger als jedes Anantomie-Buch und der Eintritt in die Körperwelten. Doch Vorsicht, wer kein Blut sehen kann oder zart besaitet ist, sollte sich den Kauf überlegen.

[app 814977594]
+ verrücktes Spielprinzip
+ verschiedene Missionen
+ Multiplayer-Modus
+ Replay-Funktion
+ viele Werkzeuge
+ korrekte Anatomie
+ passende Geräusche
+ verschiedene Operationen
+ GameCenter Anbindung
+ keine InAppKäufe
+ Universal-App
– englisch
– keine iCloud Savegames
– furchtbare Steuerung
– keine Erklärung während der OP
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