Zugegeben, meine Vorfreude auf The Walking Dead: Michonne war nicht sehr groß. Zum einen, weil die „Spiele“ von Telltale Games (The Wolf Among Us, Tales From The Borderlands usw.) nicht unbedingt mit ihrem vielseitigem Gameplay glänzen und eher als interaktiver Film zu betrachten sind. Und zweitens, weil ich von der – in der Popkultur der letzten Jahre sehr präsenten – Zombie-Thematik ein wenig übersättigt bin.

Auch bei diesem Spin-Off der The Walking Dead Reihe bleiben Telltale Games ihrer bekannten Formel treu: Bis auf QuickTime-Events und dem Auswählen von Antwort-Möglichkeiten in den Dialogen wird vom Spieler nicht viel mehr abverlangt. Das bedeutet natürlich, dass die Qualität des Spiels überwiegend an seiner Geschichte und den darin verwickelten Charakteren gemessen werden muss.

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Stellen untote Türen eine neue Art der Bedrohung dar?

Wie der Name schon sagt, dreht sich diesmal alles um die aus der Comicbuchvorlage und der AMC TV-Serie bekannten Schwertkämpferin Michonne. Glücklicherweise ist ihr Charakter in den etwa 75 Spielminuten der ersten Episode bereits vielschichtiger gezeichnet als in der TV Serie.

Michonne ist auf der Suche nach einem Sinn für ihren Überlebenskampf in der von Untoten bevölkerten Welt und wird durch Visionen ihrer zwei verstorbenen Kinder geplagt. Nach einem Selbstmordversuch bereist sie zusammen mit dem Kapitän Pete und seiner Mannschaft die Chesapeake Bay, bis ihr Segelboot „The Companion“ auf ein Schiffswrack aufläuft. Während sie dann versuchen Ersatzteile und andere Überlebende zu finden, nimmt die Geschichte eine dramatische Wendung.

Badespaß beim Strandurlaub

Badespaß beim Strandurlaub

Besonders hat mir gefallen, dass man sich als Michonne in der ersten, von QuickTime Events dominierten Spielhälfte noch sehr überlegen und immer Herr der Lage fühlt. Dieses Gefühl ändert sich aber schlagartig in der spannenderen und dialoglastigeren zweiten Hälfte der ersten Episode. Auch die vielen agierenden Nebencharaktere werden in Anbetracht der kurzen Spielzeit nicht zu simpel dargestellt und die Gespräche mit ihnen sind unterhaltsam und kurzweilig. Das Spiel legt den Fokus aber definitiv auf Michonne.

Grafisch setzen Telltale Games auf den bereits aus ihren anderen Spielen bekannten Cell-Shading Look. Die Mimik und die Bewegungsanimationen der Personen sind immer ein wenig steif. Dafür ist die englische Synchronisation hervorragend und auf Wunsch lassen sich zusätzlich deutsche Untertitel einblenden. Auch die Geräuschkulisse und der Soundtrack sind gut und stimmig.
Leider trüben gelegentliche Ruckler (getestet unter iOS 9.2) und die für fünf Euro recht knappe Spielzeit den Spielspaß leicht. Auch die Steuerung empfand ich bei den QuickTime Events ein wenig ungenau.

Carsten meint: Wer nicht genug von der Zombie-Apokalypse oder The Walking Dead hat, kann hier gefahrlos zugreifen. Wer bis jetzt nichts mit den Spielen von Telltale Games anfangen konnte, darf auch hier keine Revolution in Sachen Gameplay erwarten. Man bekommt eben die bekannte „Telltale-Kost“ serviert und bleibt Geschmacksache. Ein echtes Fazit zu The Walking Dead: Michonne lässt sich allerdings auch erst schreiben, wenn man die restlichen zwei demnächst erscheinenden Teile gespielt hat. Ich kann aber sagen, dass ich nach dem obligatorischem Cliffhänger am Ende dieser Episode wissen möchte, wie es mit den Überlebenden weitergeht, denn Charaktere und Story haben mir bis jetzt gut gefallen.

Andreas meint: The Walking Dead: Michonne ist für mich ein zweischneidiges Schwert. Zum einen ist die erste Episode von Michonnes Reise in Sachen Präsentation und Gameplay-Mechanik die ausgereifteste Arbeit von Telltale seit langem. Sehr gute Action-Sequenzen und ein interessanter und vielschichtiger Charakter tragen diese Einführung in die nichtsdestotrotz schon ausreichend beleuchtete Welt. Und genau da liegt das Problem, dass ich in dieser ersten Episode und mit unguter Vorahnung für die ganze Mini-Serie sehe: Die Story und ihre Charaktere abseits der Protagonistin sind blass und oberflächlich. Der Beginn dieser Story wirkt uninspiriert und sehr nach bekanntem Schema zusammengesetzt, so dass ich mit gemischten Gefühlen auf die Fortführung dieser Geschichte schaue. Dennoch ist TWD: Michonne gerade für Fans der Serie zu empfehlen. Es ist ein spannender Eintrag zu einem noch viel spannenderen Charakter aus dem TWD-Comic Universum, den man nicht verpassen sollte. Und wer weiß, vielleicht kann uns Telltale ja mit einigen Story-Wendungen in den nächsten zwei Teilen überraschen?

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