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Review: The Walking Dead Pinball – Lauwarme Zombie-Flipperei

Ein neuer Pinball-Tisch aus dem Hause Zen Studios und ich ahne Schreckliches auf mich zukommen. In der Vergangenheit fielen die Entwickler schon mit diversen Star Wars und Marvel Umsetzungen auf und nun kommt mit The Walking Dead Pinball die nächste zugkräftige Lizenz. Ob sich diese Pinball-Umsetzung auch ohne die Lizenz behaupten könnte? Das klärt mein folgender Test.

Fangen wir von vorn an: The Walking Dead ist eine Comicreihe von Robert Kirkman, die seit Oktober 2003 erscheint. Schon bald folgten Romane, eine Fernsehserie und natürlich auch die interaktiven Spiele von Telltale, die es bisher auf zwei Staffeln gebracht hat. Und wie das so häufig mit erfolgreichen Lizenzen ist, muss die Kuh ordentlich gemolken werden und so war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis Zen Studios sich die Rechte schnappen und eine Pinball-Umsetzung basteln. Zugrunde liegt hier nicht der Comic oder die TV-Serie, sondern die erste Staffel der Telltale-Reihe.

Lauwarme Zombies mit Flipperarmen

Die bekannten Handlungsorte rund um das Spielfeld

Hauptaufgabe ist es, alle 5 Episoden der Telltale-Spiele in Flippermanier zu meistern. Zombies bekämpft man mit der Kugel, man vollführt Kombinationen und Combos um Nahrung zu bekommen oder trifft die aus den Spielen bekannten Entscheidungen. Um eine Episode zu meistern, müssen bestimmte Ziele erreicht werden, für die man nur ein paar Sekunden Zeit hat. Nachdem man den Zombie auf dem Spielfeld vertrieben hat, ist der Weg zum Missionsloch frei und man kann aus den fünf Episoden wählen. Die erste Episode meistert man beispielsweise, indem man eine Million Punkte mit den Schlagtürmen oder dem Drehziel erreicht. Ansonsten gilt es vor allem Combos zu schlagen und Zielscheiben in einer bestimmten Reinfolge zu treffen.

Es gibt auch ein Minispiel: Darin muss man mit einem Sniper-Gewehr Zombies innerhalb einer Zeitfrist abschießen. Dieses Minispiel kommt in einigen Nebenmissionen sowie in der vierten Hauptmission vor.

Bevor ich zum Gameplay und meinem Kritikpunkt komme, möchte ich auf die optische Umsetzung zu sprechen kommen – hier gibt es nämlich wenig zu meckern. Das Spielfeld ist sehr gut designt und im Gegensatz zu den Star Wars und Marvel Tischen haben es Zen Studios diesmal nicht ganz so sehr übertrieben mit zig Animationen von 3D-Figuren, die vom eigentlichen Spielgeschehen ablenken. Hier sind Lee und Clementine nur am Rand des Pinballfeldes zu sehen, wie sie beispielsweise gemeinsam Fußball spielen. Auf dem Spielfeld, eine Art 3D-Stadt und drum herum sieht man ein paar animierte Zombies und das war es. Weniger ist manchmal mehr und es ist ein Fortschritt zu den überladenen Vorgängern. Der bekannte Soundtrack aus dem Telltale-Spiel untermalt das Geschehen sehr stimmig.

In Physik aufgepasst?

Leider wird die gute Optik durch das durchschnittliche Gameplay überschattet. Pinball-Fans kritisieren seit Jahren die Zen Pinball Spiele, weil die Physik der Kugel sich weder realistisch noch stimmig anfühlt. Statt dem Feeling einer Stahlkugel wirkt die Kugel auch dieses Mal wieder wie ein Gummiball. Dies wird besonders deutlich, wenn die Kugel auf die beiden Slingshots trifft. Dann springt die Kugel mit rasanter Geschwindigkeit hin und her, als ob sämtliche physikalischen Gesetze außer Kraft gesetzt wären. Nicht selten landet die Kugel danach im Seitenaus.

Flippern bei Nacht

Es kommt noch schlimmer: Ziel beim Pinball ist es ja, nicht nur die Kugel auf den Spielfeld zu halten, sondern auch bestimmte Reihenfolgen und Combos zu erzielen. Eines der wichtigsten Techniken im Pinball ist das Trapping: Damit lässt man die Kugel in die Ecke zwischen angezogenen Flipperhebel und Inlane rollen und nimmt dadurch bewusst die Geschwindigkeit aus dem Spiel und man kann in Ruhe zielen. Das Problem bei Zen Pinball Spielen ist aber, dass durch die seltsame Kugelphysik kein vernünftiges Zielen möglich ist. Normalerweise sollte die Kugel bei gleicher Geschwindigkeit und Abschusswinkel auch immer ungefähr in die gleiche Region des Spielfelds kommen. Hier ist es aber so, dass die Kugel immer unterschiedlich reagiert, es verkommt also zum Glücksspiel, ob man das angepeilte Ziel nun trifft oder nicht.

Außerdem müssen fast alle Aufgaben im Spiel innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne erledigt werden – das läuft der Trapping-Technik zuwider. Daher haben klassische Pinball-Tische entweder gar keine zeitkritischen Aufgaben oder nur wenige, mit der man besonders hohe Punktzahlen erzielen kann, die aber rein optional sind. Hier dagegen ist es umgekehrt und damit stellt sich kein entspanntes Pinball-Erlebnis ein.

Und was ist mit Feedback?

Zudem gibt mir das Spielfeld zu wenig visuelles Feedback, was man in den einzelnen Aufgaben machen sollte. Es gibt zwar viele Buchstaben auf dem Feld, wenn man diese vollständig zum Leuchten bringt, gibt es Nebenmissionen oder Bonuspunkte. Aber klassische Pfeile, die aufleuchten, um anzuzeigen wohin man als nächstes zielen sollte, sind rar und unauffällig, so dass man sie in der Hitze des Gefechts gerne übersieht. Das ist umso ärgerlicher, weil im Tischrundgang, den man im Pausenmenü findet, lange nicht alle Ziele der verschiedenen Missionen erklärt werden. Es bleibt unklar, was man beispielsweise in der fünften Hauptmission genau machen muss, um diese abzuschließen. Zwar gibt es einen kleinen Erklärtext unterhalb der linken oberen Punkteanzeige, aber durch das schnelle Gameplay kommt man nicht dazu, diesen zu lesen – zumal er auch nur kurz eingeblendet wird.

Ein weiterer großer Kritikpunkt ist die Steuerung auf dem iPad. Erst einmal gibt es keinen Controllersupport – das ist insofern ärgerlich, da sich Flipperarme mit den Schultertasten eines Joypads gut bedienen lassen. Außerdem sind die Berührungsbereiche der beiden Flipperarme (in der unteren linken bzw. rechten Bildschirmecke) und dem linken und rechten Stoßbereich (in der oberen linken und rechten Ecke) zu weit auseinander um innerhalb des Bruchteils einer Sekunde die Kugel vielleicht noch aus dem Seitenaus retten zu können. Auch die Steuerung im Sniper-Minispiel ist nicht gut, denn man soll sich in einer 180° Umgebung allein durch die Steuerung der beiden Flipperarme umschauen. Das ist weit weg davon intuitiv und gut spielbar zu sein. Warum hat man hier nicht einfach eine normale Wischgestensteuerung über den ganzen Bildschirm integriert?

Von den ganzen technischen Aspekten abgesehen, finde ich das Spielfeld an sich eher langweilig. Es ist im Endeffekt nur der klassische Aufbau aus Rampen, Zielscheiben, Holes und Slingshots, der schon in den 90ern in mechanischen Pinball-Automaten antiquiert wirkte. Wenn schon man ein rein digitales Pinballspiel entwickelt, kann man auch progressiver und abwechslungsreicher arbeiten. Es gibt im Spiel eine Stelle, wo kleine Zombies zum Leben erwachen und auf die Flipperarme zu laufen. Diese muss man mit der Kugel aufhalten, ehe sie ihr Ziel erreichen –  eine hübsche Abwechslung. Solche nutzen das Medium Computerspiel progressiv aus, dass hätte ich mir mehr gewünscht.

Axel meint: The Walking Dead Pinball bleibt der Zen-Reihe treu – imposante Grafiken und eine teure Lizenz versuchen zu verschleiern, dass es sich hierbei nur um ein höchst unterdurchschnittliches Pinballspiel handelt: Die Kugel ähnelt eher einem Flummi als einer Stahlkugel, das eigentliche Spielfelddesign ist vergleichsweise repetitiv und die Aufgaben im Spiel sind mit Techniken wie Trapping und Pässe in der kurzen Zeitspanne nicht zu schaffen. Auch dieser Zen-Flipper ähnelt eher einem Glücksspiel als einer wirklichen Pinballsimulation. Pinball-Fans ist diese App daher nicht zu empfehlen und sind bei den Pinball-Umsetzungen von FarSight oder ASK Homework besser aufgehoben. Höchstens Fans der Lizenz könnten mal einen Blick riskieren. Aber eigentlich wäre den Fans der von den Zen Studios gekauften Lizenzen zu wünschen, dass sich irgendwann mal wirkliche Pinball-Experten die Lizenzen schnappen und spaßige Spiele programmieren, die dem Pinball-Genre auch gerecht werden. 2/5 Punkte

Tobi meint: Zwei Sachen vorweg – ich spiele nur gelegentlich Flipper-Spiele, dann aber recht gerne. Und ich habe bis jetzt nur die erste Episode des Telltale-Spiels angezockt und bin auch sonst noch nicht zu TWD in irgendeiner Form gekommen. Trotzdem hat mir The Walking Dead Pinball viel Spaß gemacht, für das Geld wurde ich gut unterhalten. Was ich gut fand, war die ausführliche deutsche Erklärung der Elemente auf dem Tisch und die vielen Kamera-Perspektiven. Im Gegensatz zu Axel fand ich die Ballphysik normal, dazu spiele ich vielleicht einfach zu wenig Spiele dieser Art, um hier einen gravierenden Unterschied festzustellen. Ebenfalls (zu) schwer fand ich die kurzen Zeitvorgaben für die Missionen. Auch ich hätte mir insgesamt etwas mehr Action und Ideenreichtum auf dem Spielfeld gewünscht, wenn man das Spiel schon mal virtuell angeht. Trotz aller Kritik ist es ein solider Flippertisch, den man vor allem Fans der Serie empfehlen kann, die gern mal eine ruhige Kugel schieben wollen. 3.5/5 Punkte

[appbox appstore 904214798]
+ imposante Grafik
+ Original-Soundtrack
+ 8 Kamera-Perspektiven
+ Hoch- und Querformat
+ Tag- und Nacht
+ Minispiele
+ Hot-Seat Modus
+ ausführliche Erklärung aller Elemente
+ einfache Steuerung
+ deutsch
+ InAppKäufe nicht notwendig
+ GameCenter-Anbindung
+ Universal-App
– Kugel verhält sich wie ein Gummiball
– uninspiriertes Spielfeld-Design
– zu viele zeitbasierte Aufgaben
– genaues Zielen so gut wie unmöglich
– nicht alle Ziele und Kniffe werden in der Anleitung erklärt
– mehr Glücksspiel, weniger Pinball-Simulation
– kein Controller-Support
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