Was macht ein Retro-Nerd, wenn er das erste Mal einen iGerät in die Hände bekommt? Richtig: Er ignoriert gekonnt sämtliche gehypten Spiele, die kostenlos feilgeboten werden, nur um später mit InAppKäufen den geneigten Spieler zur Kasse zu bitten. Der Retro-Nerd interessiert sich weniger für die Asphalts und Clash of Clans des AppStores, sondern schaut eher nach den Apps, die sich an alten Spielen aus der Kindheit orientieren.
Zumindest habe ich es so gemacht, als ich mir vor ein paar Monaten einen iPad zugelegt habe. Dabei bin ich auf Spiele gestoßen, die zum Teil eher unbekannt sind. Also: Schaltet am besten einen Internet-Radiosender mit 80er Jahre Musik ein und kommt mit auf eine kleine „Zeitreise“. Sofern nicht anders angegeben, sind alle hier vorgestellten Apps frei von Werbung und In-App-Käufen!
The Incident (2010, Universal)
Keine Zeit also nach Hause zu gehen, sondern Frank und damit wir müssen nun diesen Gegenständen ausweichen. Dabei geht es immer höher und höher. In insgesamt sieben Levels steigen wir hinauf bis in das Universum. Können wir herausfinden, was diesen unendlichen Regen an Gegenständen ausgelöst hat? Auf der Reise helfen zahlreiche Items wie Goldstücke, Medipacks, Schutzhelme oder Extraleben. Letztere gibt es auch, wenn man genügend Goldstücke einsammelt. Und diese sind nötig, denn das Spiel ist durchaus herausfordernd.
Es mag einfach klingen herunterfallenden Gegenständen auszuweichen, doch die Physik-Engine gibt dem ganzen einen Kniff – die Gegenstände sind beweglich und der Held kann nicht all zu hoch springen. Es kann also durchaus mal vorkommen, dass ein Bus den Weg versperrt und gleichzeitig ein Piano herangeflogen kommt. Da muss man sich schon etwas einfallen lassen. Gesteuert wird die Figur durch die Neigung des iDevices, gesprungen wird mit Berührung des Touchscreens. Neben dem Storymodus gibt es auch einen Endlos-Modus. Schöne 16-Bit-Grafik, eine tolle Chiptune-Musik und iCloud-Support runden dieses originelle Spiel ab.
[app 385533456]
Starbounder (2012, Universal)
Und es hat sich gelohnt, denn Starbounder ist ein sehr schöner Klon des DOS-Klassikers: Wie in SkyRoads ist es die Aufgabe mit einem Raumschiff über eine Strecke ans Ziel zu fahren und Hindernissen sowie Abgründen auszuweichen beziehungsweise sie zu überspringen. Es gibt insgesamt 60 Level und wie im Original werden diese mit der Zeit sehr anspruchsvoll. Optional kann man auf jeder Strecke drei Energiekristalle aufsammeln, welche aber an besonders schwierigen Stellen platziert sind und eine extra Herausforderung darstellen.
Gesteuert wird der Raumgleiter durch Neigung des iDevices und gesprungen wird durch einen Druck auf den Button. Im Gegensatz zum Original gibt es die Möglichkeit zu einem Doppelsprung und die Geschwindigkeit des Gleiters zu verringen – was gerade in verwinkelten Strecken nützlich ist. Das funktioniert alles sehr gut und das Leveldesign ist auf diese beiden Features aufgebaut. Leider ist die Grafik nicht an das Retina-Display angepasst und so sieht es gerade auf neueren iPads doch ein wenig pixelig aus. Dafür gibt es schöne spacige Trance-Musik auf die Ohren. Ein Download lohnt sich in jedem Fall!
[app 570580253]
Glider Classic (2011, Universal)
Das Ziel ist schnell erklärt: Mit einem Papierflugzeug müsst Ihr den Ausgang des Hauses finden. Jeder Raum beinhaltet Fallen und Rätsel. Der Flieger verliert dabei permanent an Höhe, außer er fliegt über einen Lüftungsschacht. Kollisionen mit Strom oder Feuer bekommt dem Flieger nicht gut, auch darf er nicht auf dem Boden landen. Das Leveldesign ist non-linear: Häufig wird man vor die Wahl gestellt, welche Wegabzweigung man nehmen muss – fliegt man beispielsweise in den Keller oder bleibt man im Erdgeschoss? Das fördert natürlich den Wiederspielwert.
Leider gibt es keinen Leveleditor, aber was ja nicht ist, das kann ja irgendwann noch werden. Auf jeden Fall macht Glider Classic genau so viel Spaß wie die alten Versionen auf dem Mac. Das Haus ist sehr groß und die Levelabschnitte mit den kleinen Rätseln sind manchmal nicht ganz ohne.
[app 463484447]
Video Game Trivia Challenge (2012, universal)
Bis zu vier Spieler an einem Gerät können ihr Wissen über die Geschichte von Videospielen testen. Im Trivia-Modus bekommt jeder Spieler abwechselnd eine Frage aus den Kategorien Games, Names, Scenes, Music, Consoles, Companies und Numbers. Bei Names wird nach Protagonisten aus Spielen gefragt, in Scenes müsst ihr an einem Screenshot das passende Spiel erraten. Für die Ohren ist die Kategorie Music: Hier werden Midi-Versionen von bekannten Soundtracks gespielt, die anhand der Melodie erraten werden müssen. Euer Wissen über Publisher, Programmierer und die Spielindustrie allgemein wird in der Kategorie Companies auf den Zahn gefühlt. Und in Numbers werden letztlich Fragen zu den Verkaufszahlen der Spiele gestellt.
Ihr seht, die Bandbreite ist sehr groß. Alle Fragen werden durch Multiple Choice Verfahren beantwortet und wer am Ende die meisten Punkte hat gewinnt. Dann gibt es noch den Board-Mode. Hier ist man auf einem Spielbrett unterwegs und muss ebenfalls Fragen beantworten. Im Gegensatz zum Trivia-Modus können hier einzelne Kategorien abgewählt werden. Das Spiel liegt in Spanisch und Englisch vor und besitzt über 800 Fragen, 400 Screenshot-Rätsel sowie 200 Musikfragen. Wiederholungen kommen also so schnell nicht vor. Gerade für gesellige Abende unter Retro-Nerds lohnt sich Video Game Trivia Challenge auf jeden Fall, da die Fragen niveaumäßig über den üblich nachgefragten Grundwissen liegen.
[app 535007030]
Final Freeway 2R (2012, universal)
Also haben Fans die Spielidee aufgegriffen und heraus kam Final Freeway 2R. Es gab vorher schon Final Freeway, welches grafisch aber alles andere als charmant daherkam – diese Version dagegen sieht mit den Bitmap-Grafiken richtig schick aus. Das Geschwindigkeitsgefühl ist ähnlich rasant wie in OutRun und es gibt einen richtig guten Soundtrack. Man kann sogar MP3 Files als Hintergrundmusik verwenden – als ich die Möglichkeit fand, habe ich schnell mal das gute alte Magical Sound Shower auf meinen iPad kopiert. Das Spiel bietet ganze sechs verschiedene Steuerungsoptionen, dazu drei Schwierigkeitsgrade und man kann drei Fahrer auswählen: Zwei Typen und … ja! auch die Blondine darf sich ans Steuer setzen.
Am allgemeinen Spielprinzip hat sich nichts verändert und es macht genauso viel Spaß wie damals OutRun. Von dem Spiel gibt es zwei Versionen: eine kostenlose und eine kostenpflichtige. In der kostenlosen Version gibt es im Spielmenü eine kleine Werbeeinblendung, während die Pro-Version komplett werbefrei ist und zudem Zugang zu Online-Leaderboards und Achievements für das Game Center bereithält. Ansonsten ist aber auch die kostenlose Version vollständig spielbar und während des Spielgeschehens gibt es keinerlei Werbeeinblendungen. Ein Lob für diese unaufdringliche Variante. Da unterstützt man die Entwickler doch gerne!
[app 495500517] | [app 764077025] |
Puzzlide – Anita Mejia (2013, universal)
Zur Moderne: Anita Mejia ist eine junge Künstlerin aus Mexiko. Ihre Zeichnungen sind an den Modern-Gothic Stil angelehnt, wie man sie beispielsweise aus den Animationsfilmen von Tim Burton kennt – auf ihrer DeviantArt Seite könnt Ihr Euch ihre Illustrationen anschauen. Und etwas ganz Wunderbares entsteht, wenn man ihre Bilder als Motiv für Schiebepuzzles verwendet. Gerade Schiebepuzzles leben von interessanten Motiven und sind Motivation zugleich die Puzzle zu lösen. Zwei Schwierigkeitsstufen sowie eine süße Hintergrundmusik vollenden diese ganz bezaubernde App.
[app 577726243]
Plasma Sky (2012, universal)
Plasma Sky überzeugt durch eine wunderbare Vektor-Grafik, wie man sie in den Spielhallen Ende der 80er sah. Die typischen Licht- und Farbeffekte sind faszinierend originalgetreu eingefangen und das Spiel ist daher eine zeitlose Augenweide. Spielerisch gibt es keine großen Innovationen: Mit einem Raumschiff schießt Ihr Euch den Weg durch 80 Levels, inklusive Boss-Battles. Durch das fleißige Aufsammeln von Energiezellen lässt sich das Raumschiff upgraden und die Feuerkraft verstärken. Ansonsten gibt es die obligatorischen PowerUps wie Bomben und Energie-Regeneration – so ballert Ihr Euch durch Asteroiden, Raumschiffe, Schlangen und andere Gegner.
Das Spiel lebt aber nicht durch Innovation, sondern durch die Herausstellung alter Tugenden: Es streift nur leicht das Bullet Hell Genre, insgesamt ist das Spiel vom Leveldesign traditioneller – auch wenn auf dem Bildschirm schon ganz schön viel los ist. Umso schöner, dass die Steuerung sehr genau funktioniert. Ein sehr schöner Soundtrack unterstreicht den Spielspaß.
[app 575310539]
BlockBoy (2013, universal)
Hängen geblieben bin ich schlussendlich bei BlockBoy. Es hat diese wunderbare Gameboy-Optik, die mir sehr gut gefällt. Die Formen sind natürlich anders als bei Tetris, nach einer gewissen Eingewöhnungszeit kommt man aber gut zurecht. Der Schwierigkeitsgrad ist meiner Ansicht nach höher, weil es sich hier gar nicht vermeiden lässt, Lücken beim sinnvollen Platzieren der Steine zu lassen. Zum Glück gibt es Abhilfe von fünf Items: Wenn man vier Diamanten eingesammelt hat, kann man einen dieser Items einsetzen. Das kann eine Bombe sein, aber auch eine Schlange, welche die Lücken ausfüllt. Damit bekommt das Spiel einen sehr schönen Kniff und eine strategische Komponente.
Was den Soundtrack betrifft, gibt es Gutes zu vermelden: Der Programmierer hat es sich nämlich verkniffen die totgespielte Melodie des russischen Volksliedes Korobeiniki zu verwenden. Zumindest in Tetris-basierten Spielen kann ich das eigentlich wunderschöne Volkslied, basierend auf dem Gedicht von Nikolai Alexejewitsch Nekrassow, überhaupt nicht mehr hören. Bei BlockBoy gibt es zum Glück eigenkomponierte Chiptune-Musik, die treibend und melodiös daherkommt und daher gut zum Geschehen passt.
Ein Wort noch zu den InAppKäufen: Für 0,89€ kann die Werbung dauerhaft deaktiviert werden, die doch ganz schön nervt. Außerdem gibt es eine Möglichkeit Continues zu kaufen, so dass man nach einem Game Over beim bis dahin erreichten Level wieder anfangen kann. Aber mal ehrlich: Wer macht so was? Game Over heißt ja nicht umsonst Game Over. 😉
[app 662739520]
Gun Commando (2013, universal)
Als Söldner Jack Bennett ballert Ihr Euch durch 24 labyrinthartige Levels voller fieser Aliens, die Euch an den Kragen wollen. Ihr seid gerade im Feuergefecht mit einem Alien? Seid auf der Hut – es kann jederzeit ein weiteres Alien hinter Euch auftauchen und angreifen. Wenn die Gesundheitsanzeige gen Null geht, ist das Level gescheitert. Auffrischen kann man die Gesundheit nur mit den rar platzierten Medipacks. Und damit man nicht wie wild drauf losballert, haben sich die Programmierer einen ganz besonderen Twist ausgedacht: Upgraden kann man seine Waffe – und damit die Feuerkraft – nur, wenn eine Statusleiste unter der Punkte- und Waffenanzeige voll wird. Diese wird mit jedem Treffer ein kleines Stück aufgefüllt und mit jedem verfehlten Schuss wird die Anzeige wieder verringert. So ist man angehalten mit Bedacht zu spielen.
Die Grafik ist bewusst grobpixelig gehalten, um dem Spirit vergangener DOS-Tage gerecht zu werden. Der Soundtrack ist sehr rockig. Neben den schön designten Levels gibt es auch Zwischensequenzen in Form von Comics, die von Romano Molenaar gezeichnet wurden. Leser der Chaos Comics werden seinen Stil sicher von den Reihen Purgatory und Lady Death kennen. Die Steuerung funktioniert auf dem iPad sehr gut. Sie ist nicht perfekt, aber das wird man per Touchscreen wohl auch nicht mehr hinbekommen. Auf jeden Fall ist sie um einiges besser als bei der grottigen Duke Nukem 3D Umsetzung.
[app 625208757]
Fire Escapes (2013, universal)
Das Ziel des Spiels ist einfach: Aus einem brennenden Haus fallen Babys, welche durch ein Trampolin zu einer Frau gelotst werden müssen. Das ist kein neues Konzept, schon in den 80ern hat Nintendo den Game & Watch Titel „Fire“ veröffentlicht. Fire Escapes unterscheidet sich spielerisch dahingehend, dass die Babys unterschiedlich fallen. So fällt das Baby im rosa Strampler schneller, als das Baby im blauen Strampler. In höheren Stufen muss man zudem heranfliegenden Bowlingkugeln ausweichen. Ja, richtig gelesen: Bowlingkugeln. Ich mag solche verrückten Einfälle. Nach jeder Stufe gibt es zudem die Möglichkeit ein Extraleben oder Bonuspunkte zu bekommen.
Mehr muss man zu dem Spiel nicht sagen: Ein altbekanntes Spielprinzip in hübsch gepixelter Grafik und guter Musikuntermalung neu aufgelegt. Wer dieses Genre mag, der kann sich dieses Spielchen ruhig einmal zu Gemüte führen.
[app 501390176]
Schlussworte
Damit wären wir nun zum Ende des keinen Retro-Specials in der AppGemeinde angelangt. Ich hoffe, ich konnte Euch interessante Spiele-Tipps sowie einen kleinen Einblick in die retro-orientierten Spiele im AppStore geben. Natürlich gibt es noch viele weitere Spiele, die ich Euch sicher in Zukunft in einem ähnlichen Special vorstellen werde.
Nun seid IHR aber erst einmal gefragt: Wie lange seid Ihr schon aktive Videospieler? Welche Verbindung habt Ihr zu den Spielen von vor 20 oder gar 30 Jahren? Oder gehört Ihr zur jungen Generation, die vielleicht durch das iPhone solche Spielkonzepte erst neu für sich entdecken? Schreibt Eure Meinung in die Kommentare – ich würde mich sehr über Euer Feedback freuen!