Website-Icon appgemeinde

Wie entsteht eigentlich ein iOS Spiel? Ein Interview mit Marcus Eckert

Vor kurzem kam mit dem kleinen Geschicklichkeitsspiel Wide Sky [AppGemeinde-Review] das Debüt-Werk des deutschen Entwicklers Marcus Eckert in den AppStore, was in mehreren Punkten besonders war. Zum einen sind gute deutsche Entwickler im AppStore Mangelware und wenn das Spiel auch noch zum Großteil aus einer Hand kommt, kann man die Entwickler schon an einer Hand abzählen… Zum Anderen besticht das Spiel durch verdammt gute Grafik und auffallend professionelle optische Präsentation. Hier merkt man dem Entwickler an, dass er eigentlich Motion Designer ist.

Da Marcus zufälligerweise bei mir um die Ecke wohnt, habe ich die Chance genutzt und mich mit ihm zu einem entspannten Interview getroffen. Mich hat vor allem interessiert:

Wie entsteht ein iOS Spiel? Hier also die Zusammenfassung des angenehmen Gesprächs, das sehr eindrucksvoll aufzeigt, was bereits in einem kleinen Titel an Leistung und Arbeit steckt…

Marcus, wie bist Du dazu gekommen, ein Spiel zu entwickeln?

Nach verschiedenen Studiengängen, die eigentlich nichts mit Spielen zu tun hatten, habe ich seit 2008 parallel dazu angefangen als Hobby Videos mit After Effects zu machen. Initialzündung war ein Wettbewerb, bei dem man eine Playstation 3 gewinnen konnte, die ich damals noch unbedingt haben wollte. Gewonnen habe ich nicht, aber es hat mir unglaublich Spaß gemacht. Später habe ich an vielen anderen Wettbewerben teilgenommen und dann öfter auch gewonnen.

Das Studium habe ich zu Gunsten des Motion Designers an den Nagel gehängt und seitdem mache ich etwas, dass mir Spaß macht. Damit habe ich eine Zeit lang hauptberuflich Geld verdient und nebenbei mit dem Spiel Wide Sky angefangen. Ich hatte nicht unbedingt die besten Voraussetzungen, denn eigentlich spiele ich nicht wirklich viel, sondern hatte eher Lust zum Erstellen und Programmieren. Ich hatte bis dahin nur ein Spiel auf dem iPhone installiert.

Was sollte man an Voraussetzungen mitbringen, wenn man ein Spiel programmieren will?

Geduld und Eigeninitiative. Also Eigeninitiative vor allem, wenn man es sich selbst beibringt. Das Internet bietet Chancen, die es vor 10-15 Jahren einfach nicht gab. Man sollte aber auch nicht alles auf eine Karte setzen, sondern ein zweites Standbein haben. Vielleicht ist es auch klüger, nicht gleich mit einem Spiel anzufangen. Spiele sind oft das Aufwändigste, was man so programmieren kann. Ein Einstieg über Scripting für irgendwelche Programme (zum Beispiel Maya, After Effects, Flash) wäre sicher nicht schlecht, um eine Idee vom Programmieren zu bekommen. Ansonsten gibt es aber auch viele Frameworks, die einem einiges an Arbeit abnehmen und den Einstieg bei der Spieleprogrammierung erleichtern.

Ein Screenshot aus einer frühen Version von Wide Sky…

War das Spiel von Anfang an so gedacht?

Die Grundidee war von Anfang an vorhanden. Ich habe das Konzept in Photoshop und After Effects gemacht, da ich damit anfangs besser umgehen konnte. Ich habe lange über den Charakter nachgedacht. Erst hatte ich ein Schwein als Spielfigur, doch ich brauchte ein Tier, was sich auf dem Boden rollen konnte. Am Ende stand die Entscheidung zwischen einem Gürteltier und dem Igel, der aber eindeutig niedlicher war.

Wo hast Du Dir Inspiration für das Spiel geholt?

Meist in Form von Bildern und Grafiken aus dem Netz, die ich alle in einem Inspirations-Ordner sammele.

Wie lange hat die Entwicklung von Wide Sky gedauert?

Ich habe im Dezember 2011 damit anfangen, der Release war jetzt im Januar 2013. Ich habe in dieser Zeit jeden Tag daran gearbeitet, jedes Wochenende, jeden Feiertag. Hätte ich gewusst, dass es über ein Jahr dauert, hätte ich es vielleicht nicht gemacht… Aber Arbeit ist hier ein dehnbarer Begriff, denn es ist auch ein Hobby, das mir Spaß macht und mit dem man zufällig Geld verdienen kann.

Warum iOS und nicht Android?

Erstens kannst Du auf iOS das Spiel auf allen Geräten testen. Du hast hier wenige und einheitliche Geräte, Bildschirm-Auflösungen und Grafikhardware. Und bei Android, so hört man, sind die Leute deutlich weniger bereit, für eine App zu bezahlen – so dass man sich finanziell noch stärker aus dem Fenster lehnen würde. Auch das SDK soll da nicht so gut sein, wobei ich mich da jetzt auch nicht so gut auskenne.

Die optische Komponente ist sehr eindrucksvoll, vor allem die Menüs und das Interface haben mir gut gefallen. War das ein Steckenpferd von dir?

Hier habe ich viel Zeit investiert, das war mehr ein Experiment für mich. Deswegen sind auch viele Menüs nicht einheitlich gestaltet, das Statistikmenü zum Beispiel hätte man auch stärker an die anderen Menüs anlehnen können. Aber ich wollte unbedingt damit herumspielen – einfach um zu sehen, wie es aussieht und wirkt und um den Spielern mal etwas Anderes zu zeigen.

Ansonsten habe ich viel Arbeit in die Performance gesteckt, was mir aber richtig Spaß gemacht hat. Immer wieder am Code zu schrauben und zu schauen, ob die Framerate nach oben geht, kann richtige Glücksgefühle erzeugen.

Der Sound war der einzige Bereich, den Du nicht selbst gemacht hast. Wie bist Du da herangegangen?

Vor allem die Musik selbst zu erstellen liegt mir nicht so, also musste ich mich nach jemand anderem umsehen. Ich hatte im Netz ein Video entdeckt, von dem mich der Sound begeisterte. Das Tolle war, das dieser Sound Designer, Vasiliy Filatov, mich zufälligerweise kurz danach anschrieb, ob ich nicht ein Video für ihn erstellen könnte. Daraus ist zwar mangels Zeit nichts geworden, aber so kam der Kontakt zustande und er hat den Sound für Wide Sky gemacht.

Ich wollte keinen Sound Designer nehmen, dem ich alles genau sagen musste. Ich wollte jemand, dem ich da vertrauen konnte, der selbst richtig gute Ideen hat. Ich habe ihm gesagt: Fühl Dich frei, ganz verrückte Sachen zu machen. Und es hat sich gelohnt.

Wie sieht die Genehmigung der App bei Apple aus?

So ganz genau weiß man das ja nicht. Man reicht die App bei Apple zur Überprüfung ein, wo getestet wird, ob sie läuft und die Inhalte nicht über den guten Geschmack hinausgehen. Später hat sich die Developer Relations Abteilung auch bei mir gemeldet, die noch Anregungen und Tipps zum Icon und zu Details der Gestaltung oder zum Sound gegeben haben. Das war unerwartet, aber das fand ich eigentlich ziemlich großartig.

Hat es sich den gelohnt ein Spiel zu programmieren?

Finanziell? Nein. Aber der Prozess war wunderbar. Es macht unglaublich Spaß ein Spiel zu entwickeln – ich brauchte da keine große Motivation, um mich jeden Tag damit zu beschäftigen. Nebenbei habe ich mit dem Spiel programmieren und viel über Arbeitsabläufe bei der Entwicklung gelernt.

Was steht als Nächstes an?

Für Wide Sky steht sehr bald die iPad-Unterstützung als Update zur Universal-Version an. Gleichzeitig wird es eine iCloud-Sync Funktion geben.

Prinzipiell hätte ich auch Lust Apps auch für andere Leute zu entwickeln, zu designen oder ähnliches. Ich könnte mir aber auch ein weiteres Spiel vorstellen, da es mir riesigen Spaß macht. Aber letztlich ist das Ganze doch ein finanzielles Wagnis, das man gern unterschätzt, deswegen muss ich jetzt erst einmal wieder zurück in die reale Welt, sprich Videos machen.

Vielen Dank Marcus für Deine Zeit und diesen interessanten Einblick hinter die Kulissen eines Spiels und dessen Entwicklung. Ich werde auch immer mal wieder auf diesen Artikel verweisen, wenn Leute sich mal wieder über iOS Spiele und ‚zu hohe Preise‘ beschweren. Außerdem kann ich euch unbedingt die atemberaubenden Videos von Marcus auf seiner Seite (Link!) empfehlen…

Die mobile Version verlassen