Gerade bei meinem Telefon-Umstieg von iOS auf Android habe ich wieder einmal gemerkt, dass iOS gerade für ambitionierte Musiker die beste Plattform ist: In Apples AppStore tummeln sich hochwertige und ausgereifte Musik-Apps aller namhafter Hersteller, was sicher auch an der guten und immer gleichen Vernetzung von potenter Hardware und Software liegt. Ein solch namhafter Hersteller ist auch KORG, die in letzter Zeit wieder einige gute Apps veröffentlicht haben. Heute schaue ich mir im ersten Teil die iWAVESTATION für euch an.

Die App ist ein ausgewachsener „Wave Sequence Synthesizer“ für unterwegs und eine digitale Umsetzung der originalen Wavestation mit dem unter Musikern bekannten Prophet VS Sound. Sprich, hier bekommt man für ein kleines Geld ein App, die ein (nicht mehr produziertes) Gerät von 1990 simuliert, dass damals richtig viel Kohle gekostet hat und mit 12kg kein Leichtgewicht war.

Für Anfänger wie für Auskenner

iwavestation_review_4 Dabei spricht die iWAVESTATION musikalische Anfänger ohne große Vorkenntnisse genauso an wie versierte Synthie-Freaks und Klangbastler. Wer sich ernsthafter damit beschäftigen will, findet nicht nur ein ausführliches Handbuch für die App (leider nur online), sondern als Nostalgie-Zugabe hier sogar das Handbuch des Original-Sythies.

Vom Soundspektrum her eignet sich die neue App am besten, um eigenwillige Klangteppiche, rhythmische Loops, breite Flächen und dicke Ambient-Sounds zu erschaffen – teilweise weit weg von herkömmlichen Presets eines Durchschnitt-Synthies. Durch die voreingestellten Sounds werden sich vor allem Freunde von 80s  und 90s Synthie-Sounds hier sofort zu Hause fühlen. Folgend ein Demosong mit vielen einschlägigen Sounds von KORG…

iwavestation review Wave Sequencing bedeutet übrigens, dass man Wave-Samples wie in einer Kette aneinander reiht. Die kann man entweder hart übergehen oder weich ineinanderfaden lassen. Der Ablauf ist recht komplex gestaltet: So kann man quasi vier Spuren mit diversen Wave-Schnipseln gleichzeitig laufen lassen, aber in jeder Spur noch kleine Loops erzeugen, die sogar rückwärts laufen können. Und Sound-Schnipsel ist wirklich das richtige Wort, denn damals (so auch hier) gab es auf Grund des knapp bemessenen Speichers nur kurze Wellenformen. Anders als bei vielen Synthies findet man übrigens im Wave-Vorat viele Imitationen von Naturgeräuschen und Tieren, was irgendwie einen sehr eigenen Charme hat.

Mit an Bord sind rund 700 Samples und deutlich mehr Presets. Weitere kann man als InAppKauf für 5€ noch ergänzen – mit dabei sind hier Sounds der WAVESTATION EX, WAVESTATION A / D und WAVESTATION SR Modelle. Lohnt also.

Mit dem Joystick in die Zukunft des Klangs

iwavestation review Auf der originalen Wavestation war ein kleiner Joystick verbaut, mit dem man die Lautstärke von bis zu vier gleichzeitig abgespielten Samples in Echtzeit steuern und mischen konnte – die sogenannte Vektorsynthese des Wavestation. Auch den findet man in der iWAVESTATION, wobei die Bedienung via Touchscreen denkbar einfach geht. Alternativ gibt es auch noch eine Art Sensorfeld, das Vektorpad, auf dem man durch das Verschieben des Fingers ähnliche Effekte plus die Änderung der Tonhöhe erzielen kann. Natürlich gibt es auch ein klassisches Keyboard zum Einspielen von Melodien.

Dazu kommt noch eine Effekt-Sektion mit zwei unabhängigen Effekten, die von Hall und Delay bis hin zu Chorus oder Phaser und Distortion reichen. Auch das lässt sich in die Steuerung mit dem Joystick einbinden. Über den integrierten Mixer kann man alle vier Kanäle und Soundquellen noch punktgenau regeln.

Random ist dein Freund

Anfänger freuen sich über den Random-Button, mit dem man auf Knopfdruck immer wieder neue, zufällig generierte Klangteppiche webt. Gefällt einem der Grundsound, kann man diesen als Grundlage nehmen und dann von dort aus weiterbasteln.

Die Portierung für das iPad ist durchdacht ausgefallen, hat einen logischen Aufbau und macht gerade auf dem großen Display Sinn. Zumal man mit der App-Version einige ärgerliche Einschränkungen der echten Wavestation umgehen kann, da man einfach eine wesentlich bessere Hardware in den Händen hält. Lädt man die iWAVESTATION auf einem iPhone, wird das Interface der Größe angemessen anders aufgeteilt, so dass man auch hier gut bedienen kann – lediglich das Spielen der Klaviatur wird fummelig(er). Zum wirklich portablen Basteln an Sounds ist es aber auch auf dem Telefon eine gute Möglichkeit. Einzig fummelig ist das Auswählen der Samples in der Matrix, hier braucht man wahrlich Fingerspitzengefühl.

Mit der iWAVESTATION von KORG bekommen selbst Anfänger schnell schöne Sounds hin, durch das intuitive Interface steigt man schnell in den Sythie ein und das Experimentieren damit macht Spaß. Doch Vorsicht: Will man sich ernsthaft damit beschäftigen, eröffnen sich mit jedem Schritt neue unzählige Möglichkeiten – so kann man schon mal minutenlang allein an einer perfekten Sample-Kombination schrauben. Sicher nicht zu eingängigste Synthie-App, aber dafür bekommt man auch einen sehr eigenen Sound geboten. Die App eignet sich auch für einen Live-Einsatz, da sie mit dem virtuellen Joystick und dem Pad viele Möglichkeiten zum spontanen Eingreifen bietet.

[appbox appstore 1118072618]