Rovio hat mich mit Angry Birds 2 geärgert. Im ersten Moment. Danach ist mir aber bewusst geworden, dass der zweite Teil des Blockbusters eher als Metapher auf den derzeitigen AppStore-Stand zu sehen ist. Lasst mich erklären…
Das Spiel an sich ist gut und baut das bekannte Gameplay mit ein paar neuen Ideen weiter aus: Man schleudert nach wie vor wütende Vögel auf Bauwerke mit grünen Schweinen, die man kunstvoll und mit möglichst wenig Anläufen zerstören muss. Es gibt eine Reihe an Vögeln, jeweils mit einer speziellen Eigenschaft, die man klug einsetzen muss. Dazu kommen nun Zauber, die man als PowerUp und zusätzlichen “Vogel” vor jedem Level auswählen. Die Level sind nun mehrstufig und erstrecken sich teilweise über drei Bildschirme. Hier heißt es also gut mit den Vögeln zu haushalten. Immerhin bekommt man für besonders gute Aktionen wie das vollständige Zerstören eines Gebäudes mit nur einem Wurf einen Bonus-Vogel.
Grafisch hat das Spiel nur wenig zugelegt und kommt ohne nennenswerte Neuerungen. Dazu sollte man vielleicht erwähnen, dass bei einer “echten” zweiten Version die Erwartungen immer hoch sind – wenn eine 2 drauf steht, erwartet man schon grundlegende Neuerungen. Und bei einem Entwickler mit diesem finanziellen Hintergrund erst recht. Doch in diesem Fall gibt es das hier nicht. Übrigens gab es Angry Birds 2 schon einige Zeit als Angry Birds “Under Pigstruction” in einigen AppStores als Softlaunch – ohne groß Aufsehen zu erregen. Angry Birds 2 klang wahrscheinlich einfach besser und lies sich besser vermarkten.
Das im AppStore derzeit nur wenige Spiele mit einem Vollpreis für 3€, 5€ oder gar 15€ etwas gut machen, ist leider immer noch die Ausnahme. Schließlich gibt es genügend kostenlose Alternativen. Und die meisten nehmen lieber Banner-Werbung, Facebook-Nerverei und Wartezeiten hin, da sie 1) eh nur 15 Minuten am Tag spielen 2) die Werbung schon gar nicht mehr sehen oder 3) prinzipiell kein Geld im AppStore ausgeben wollen oder können.
Und hier sehe ich das Grundproblem mit Angry Birds 2: Die Zielgruppe ist derzeit eindeutig auf jüngere Spieler ausgerichtet! Da braucht man sich nur mal die umfangreiche Merchandise-Abteilung anzusehen… Und unter diesem Aspekt ist die dauerhafte Facebook-Bettelei (und so einen Account haben de facto alle Kiddies) mit Datenschutz-Hintergrund sowie die mit clever platzierten Buttons angepriesene Premium-Währung für echtes Geld wirklich kein Kavaliersdelikt mehr. Schade nur, das so viele Eltern ihr Kiddies völlig unbedarft spielen lassen…
Als das erste Angry Birds im Jahre 2009 herauskam, waren Apple Geräte deutlich mehr in den Händen von Erwachsenen (Hoher Kaufpreis, keine abgelegten Alt-Geräte für die Jüngsten..), daher wurde das Spiel mit der damals tollen Spielidee auch ohne Frage gekauft und von Erwachsenen gespielt. Zu der Zeit gab es auch nur wenige kostenlose Spiele, die einen Download wert waren.
Ich frage mich eh, wie hoch derzeit der Prozentsatz an erwachsenen iOS Spielern in Deutschland ist! Wenn man mal die iOS Gerät Besitzer rechnet, die selbst Geld verdienen und die abzieht, die sich für mobile Spiele interessieren, die bereit sind dafür Geld auszugeben und die noch weiter gehen, als sich nur mal Spiele von Apples Highlight-Seite im AppStore zu laden, sondern häufiger spielen, dann wird es ziemlich mager. (Was denkt ihr darüber? @appgemeinde) Mein Tipp wären aktuell so 4.000 aktive iOS Zocker in dieser Kategorie. Auch DU scheinst dazu zu gehören, da Du sogar auf einer Review-Seite (Uh, Oldschool, mit Lesen und so…) dazu etwas nachliest! Und bei solch einer Anzahl an potentiellen Käufern ist es klar, dass der Trend für Firmen wie Rovio zu aggressivem Freemium geht…
Unterm Strich wurde in Angry Birds 2 viel Arbeit gesteckt, es hat einen großen Umfang, frische Spielideen, eine schöne Optik und macht immer noch viel Spaß. Aber alles nur dazu, dass ich nach jedem Level zu Facebook gedrängt werde, ich nach vier Fehlversuchen warten muss oder noch Premium-Währung für echtes Geld kaufen soll, damit ich halbwegs normal spielen kann. Schade um das an sich gute Spiel. Rovio hätte einen InAppKauf zum Deaktivieren der Wartezeiten anbieten können, aber die Zielgruppe hat nun mal viel Zeit (notfalls wird sie mit Clash of Clans überbrückt, bis es auch dort wieder Warten heißt) und wenig Geld. Auf Wiedersehen, Angry Birds, es war schön mit dir, aber so habe ich keine Lust mehr auf Spiele mit diesem Benehmen. Rovio haben es hier leider wirklich übertrieben.
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