Da ist er also: Der seit Monaten angekündigte Battleheart-Nachfolger Battleheart Legacy von der Entwickler-Schmiede von Mika Mobile. Und was wurde in den letzten Wochen nicht überall für ein Hype um dieses Spiel gemacht. In diesen Tagen überschlägt sich die Mobile Gaming Community geradezu an Superlativen: „Spiel des Jahres“, „Bestes Rollenspiel für iOS“ und ähnliche Kommentare darf man in diversen Foren und Testberichten lesen. Normalerweise werde ich persönlich bei solchen Hypes immer sehr skeptisch. Aber ich muss gestehen, dass auch ich mich auf das Spiel gefreut habe. Doch wie Ihr bereits an der Überschrift und an der Wertung sehen könnt: Ich empfinde Battleheart Legacy als eine einzige Katastrophe!

Bevor ich nun näher auf das Spiel eingehe, möchte ich kurz zusammenfassen, was eigentlich die Magie eines Rollenspiels ausmacht. In einem Rollenspiel geht es darum, mit einem Charakter Abenteuer in einer fremden Fantasiewelt zu bestehen, darin einzutauchen sich dort zu verlieren. Einer der größten Battleheart Legacy 2Motivationspunkte ist,  die Spielwelt zu entdecken und je nach RPG-Genre eine spannende Geschichte zu erleben, mit einer lebendigen Welt zu interagieren und die Geschicke diese Welt zu lenken. Auch gibt es einige Rollenspiele, die ihre Motivation daraus ziehen, den Spieler mit immer neuen und kreativen Dungeons zu überraschen und so den Entdecker im Spieler zu wecken. Die Klassiker des Genres bringen all diese Motivationspunkte zusammen, als da wären die Bard’s Tale Trilogie, die Ultima-Reihe bis zum siebten Teil, Baldurs Gate, Die Elder Scrolls Reihe oder Gothic. Westliche Rollenspiele leben nicht nur von der Geschichte, sondern zum größten Teil von der Spielwelt selber. Diese aufgezählten Motivationspunkte möchte ich nun auf Battleheart Legacy anwenden, um zu argumentieren, warum ich dieses Spiel als so schlecht empfinde, wie ich es bewertet habe. Anschließend gibt es dann die allgemeine Spielbeschreibung, um deutlich zu machen wie weit hier die Realität vom Anspruch des Spiels abweicht.

Motivationspunkte 1 und 2: Die Geschichte und Interaktion

Geschichten machen eine Rollenspielwelt erst erlebenswert. Das muss nicht unbedingt eine spannende Hauptquest sein, sondern das können auch viele kleine Geschichten sein, welche einem beispielsweise von NPCs erzählt werden. Battleheart Legacy 3Die Geschichte in Battleheart Legacy zusammenzufassen ist gleichermaßen leicht als auch schwer, denn: es gibt keine. Ihr habt richtig gelesen! Es gibt keine wirkliche Geschichte in dem Spiel. Das Spiel fängt damit an, dass wir uns einen Charakter erstellen und ein Tutorial zur Steuerung des Spiels absolvieren. Nachdem wir die ersten beiden Dungeons absolviert haben, wird uns gesagt, dass der König drei Solarkristalle sucht und dafür 2.000.000 Goldmünzen springen lässt. Warum er diese Kristalle braucht? Weil Gott es ihm aufgetragen hat. Ohne Mist, genau dies wird dem Spieler erzählt. Keine böse Macht, die man mit den Kristallen bezwingen kann (so abgedroschen das auch wäre), sondern die Motivation des Helden soll Geld sein? Auch sonst werden keine Geschichten im Spiel erzählt. Ein Beispiel wäre hier die verbotene Bibliothek: Ein Dungeon, an dessen Anfang man einige Magier trifft, die dort alte Texte studieren. Das war es aber auch an Infos. Von wem wurde diese Bibliothek gebaut? Gibt es Quests, die einem in die Spielwelt einen tieferen Einblick geben? Fehlanzeige.

Die Sidequests sind ebenso banal wie simpel: Goblins haben sich in einer Höhle nahe eines Dorfes breit gemacht, diese solle man bitte töten. Genauso wie die Banditen, welche den Schmied bestohlen haben. Lustig an den Sidequests ist ohne Zweifel, dass man diese verschieden lösen kann. So kann man mit den Banditen verhandeln und anstatt der Diebesbeute bekommt man einen Kontakt in der Hauptstadt und eine optionale Quest. Solche Entscheidungen klingen auf den Papier nett, bleiben im Spiel aber ohne weitere Konsequenzen. Denn auch beim Scheitern an der ursprünglichen Quest, wird der Händler weiter mit dem Helden handeln als wäre nichts passiert. Das Spiel ist vor allem in den ersten Spielstunden voll von solchen Entscheidungen, welche gleichzeitig auch die Absurdität des Spieles auf den Punkt bringen.

So trifft man in der Bar der Hauptstadt einen Bogenschützen, der einen reichen Adeligen überfallen und das Geld armen Kindern geben möchte. Wir gehen mit ihm und nachdem das Geld erbeutet wurde, wählt man, ob man sich hinterher noch mit diesen edelmütigen Bogenschützen anlegen und das Geld in die eigene Tasche stecken möchte oder nicht. Entscheidet man sich für die positive Lösung, gibt es folgende Belohnung: Null, niente, nada! Denn der Bogenschütze taucht nicht mehr im Spiel auf, um einem vielleicht eine neue Quest oder eine Belohnung oder ähnliches zu geben. Dann trifft man auf ein Ninjamädchen, die gerade von der Stadtwache gejagt wird: Hilft man ihr, bekommt man Zutritt zum Ninjadorf, wo es keinerlei Quests gibt, sondern nur das Angebot die Skills der Ninjaklasse zu lernen. Das Dorf wird zudem von den Milizen der Hauptstadt angegriffen. Den Angriff kann man natürlich abwehren. Danach befindet sich aber ein Ninja in kompletter Kampfmontur in der Akademie der Hauptstadt. Aber wie kann der denn dort umherlaufen, wenn die Ninjas von der Stadtmiliz gejagt werden?

Das Spiel ist voll von solchen unlogischen Begebenheiten. Es wird einem Entscheidungsfreiheit vorgekaukelt, aber glaubhafte Konsequenzen gibt es in der Spielwelt keine. Verbunden mit einer nicht vorhandenen Geschichte sind diese beiden Motivationspunkte also nicht gegeben.

Motivationspunkt 3: Das Dungeondesign

Kommen wir zum dritten Motivationspunkt, vielleicht kann hier ja etwas rausgerissen werden? Die Antwort lautet: Nein. Denn im Endeffekt sind die sehr linearen Dungeons nicht der Rede wert. Der Held läuft von A nach B. In jedem Dungeon gibt es eine einzige Abzweigung, die zu einem Schatz führt, ansonsten ist der Weg linear vorgegeben. Das ist kein Design, das ist einfach nur langweilig. Schon in den 80ern bestanden Dungeons in westlichen Rollenspielen aus Labyrinthen mit Fallen oder kleinen Rätseln. Es gab in vielen Spielen optionale Wege und Geheimnisse zu entdecken. Nicht so in diesem Spiel. Hier geht es einfach nur darum, geradeaus zu laufen und zu kämpfen. Dass es dann auch noch zu wenige Dungeons gibt, um die erforderlichen Erfahrungspunkte zu bekommen, bedeutet, dass man sie immer wieder durchlaufen muss.

Hört sich spannend an, oder? Im Endeffekt kann man sagen, dass auch hier keine Motivation besteht sich länger mit der Welt auseinanderzusetzen.

Was gibt es allgemein zu sagen?

Kommen wir nun zum Spiel im Allgemeinen und der eigentlichen Spielbeschreibung. Bei Battleheart Legacy handelt es sich um einen reinrassigen Dungeoncrawler aus der dritten Perspektive. Das Ziel des Spieles ist nun also die Solarkristalle zu finden. Dazu besucht der Spieler mehrere Dungeons um aufzuleveln. Denn die Kristalle sind in den Chaostürmen zu finden, die aber Mindestlevel 28 erfordern. Wie eben schon erwähnt, ist das Problem, dass die Welt nicht unbedingt groß ist und man so diese Dungeons immer wieder durchläuft um aufzuleveln.

Battleheart Legacy 5Während es in den ersten drei Spielstunden viele Sidequests mit unterschiedlichen Ausgängen gibt, bekommt man ab der vierten Stunde nichts mehr dahingehend geboten. Die verschiedenen Dungeons sind nicht in Geschichten und Quests eingebaut, sondern stehen einfach zum Selbstzweck in der Gegend. Der Anspruch des Spieles ist es, laut Beschreibung, eine tiefgreifende Fantasywelt darzustellen. In Wahrheit aber ist die ganze Spielwelt nach drei Stunden so einfalls- und leblos, dass es jeder Beschreibung spottet. Da waren selbst Rollenspiele der 80er Jahre lebendiger. Am Ende bekämpft man immer die gleichen Monster, denn auch hier gibt es erstaunlich wenig Abwechslung.

Nun möchte ich natürlich auch noch das Gute im Spiel aufzählen. Hier wäre vor allem das Skillsystem zu nennen. Während der ersten Spielstunden findet man etliche Lehrer der verschiedenen Charakterklassen: Magier, Schwarzmagier, Ritter, Barde, Berserker, Ninja, Dieb, Waffenmagier usw. Aus insgesamt über 150 Perks der Klassen lässt sich in der Theorie ein sehr individueller Charakter bauen. In der Praxis sieht dies leider so aus, dass man für einen Levelanstieg nur drei Attributpunkte bekommt, die man in Stärke, Geschicklichkeit, Intelligenz, Skill, Ausdauer und Charisma investieren kann. Um in einer Klasse gut zu sein und später im Spiel noch eine Chance zu haben, muss man sich von Anfang an entscheiden, in welche Richtung man lernt. Somit wird der Held am Ende gar nicht so individuell, wie es die Spielbeschreibung sagt. Denn versucht man das, verskillt man sich und man hat am Ende kaum eine Chance mehr gegen stärkere Monster. Dennoch ist es natürlich positiv, so viele Klassen im Spiel zu haben.

Sehr gut ist auch die Steuerung des Spiels. Die Figur wird mit einfachen Antippen auf die Spielfläche navigiert. Mit einfach Antippen kann auch der Fokus der Gegner gewechselt werden. Normale Attacken werden automatisch ausgeführt, Spezialattacken können von einer Leiste am unteren Bildschirm aktiviert werden. Die Steuerung ist sehr gut auf mobile Geräte abgestimmt und funktioniert tadellos. Eines der Hauptpunke des Spiels ist natürlich die Grafik. Die ist auch sehr gut: Sie ist farbenfroh und voller kleiner Details. Die Animationen sind sehr schön anzusehen und machen Spaß. Ebenso die Musikuntermalung, die einige Ohrwürmer parat hält.

Auch gibt es im Spiel mehrere Schwierigkeitsstufen, die man jederzeit anpassen kann. Normal und Easy sind an sich gleich, nur dass man bei Easy mehr Lebenspunkte zur Verfügung hat. Der Casual-Mode stellt eine Art God-Mode dar, weil man unendliche Heiltränke zur Verfügung hat. Dieser Mode macht demzufolge am wenigsten Spaß. Dann gibt es noch einen schweren und einen Hardcoremodus.

Leider muss gesagt werden, dass auch der leichte Schwierigkeitsgrad im späteren Spielverlauf nicht ganz ohne ist, da man später gegen ganze Horden von Monster kämpft und diese einen auch bei einem guten Skilling sehr einfach besiegen können. Hinzu kommt, dass die empfohlenen Levelanzeigen der Dungeons nicht im geringsten mit den eigentlichen Schwierigkeitsgrad übereinstimmen. So hatte ich selbst mit einem Level 14 Charakter meine Probleme im Zyklopen-Versteck, obwohl als empfohlener Level Stufe 9 angegeben war.

Tolle Grafik? Check. Schöne Musik? Check. Gute Spielbarkeit? Check. Aber außerhalb dieser drei Punkte ist Battleheart Legacy ein Totalausfall der Sonderklasse, getreu nach dem Motto: „Style over Substance“. Es fängt damit an, dass keiner der drei existenziellen Motivationspunkte eines Rollenspiels in das Spieldesign Einzug gefunden hat. Weder gibt es eine spannende Hauptquest, noch Hintergrundinformationen zur Spielwelt und erst recht gibt es kein interessantes und abwechslungsreiche Dungeon-Design. Unausgegorene Schwierigkeitsstufen, falsche Angaben der empfohlenen Spielerlevel sowie kleinere Bugs machen das Spiel zu einer Enttäuschung.

Das sind alles Kritikpunkte, die einem in den ersten zwei bis drei Spielstunden nicht weiter auffallen, weil man da noch von der Grafik und den Sidequests begeistert ist. Bis man später merkt, dass es keine Sidequests mehr gibt und die getroffenen Entscheidungen keinerlei Einfluss auf die Spielewelt nehmen, außer dass vielleicht ein Lehrer einer optionalen Charakterklasse nicht zu Verfügung steht. Es ist im Endeffekt dann nur noch ein Spiel, was daraus besteht stumpf auf Gegner einzuschlagen, um sich irgendwie aufzuleveln. Es gibt keinerlei Motivation und nach 7 Stunden Spielzeit habe ich entnervt aufgegeben, weil es immer nur dasselbe ist. Ob die Autoren der überschwänglichen Reviews im Netz überhaupt soweit gespielt haben? Ich denke nicht, denn andernfalls kann ich die Superlativen, mit dem das Spiel bedacht wird, wirklich nicht verstehen. Unter der technisch auf Hochglanz polierten Oberfläche wurde vieles falsch gemacht. Mein Tipp: Kauft Euch lieber Bastion, Baldur’s Gate 2 oder das grandiose Avadon: The Black Fortress. Da habt Ihr viel mehr davon als mit diesen Machwerk.

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+ hervorragende Grafik
+ einfache Steuerung
+ schöne Musik
+ keine InAppKäufe
+ GameCenter Anbindung
+ Spielstände auf iCloud hochladen
+ Universal-App
– keine spannende Hauptquest
– Spielwelt bleibt leb- und farblos
– Entscheidungen in den Sidequests bleiben ohne Konsequenzen auf die Spielwelt
– Balance der Schwierigkeitsstufen ungenau
– falsche Angaben der empfohlenen Spielerlevel
– fehlende Motivationspunkte
– kleinere Bugs
– englisch