Mit Burly Men At Sea vom Entwickler-Ehepaar Brain&Brain gibt es ein hervorragend aussehendes Spielbuch und Adventure im AppStore mehr, dass ich mir genauer für euch angesehen habe. Der Trailer mit seinem Artwork und der angedeuteten Geschichte mit den drei Seemännern hat mich zu sehr gereizt, daher musste ich es mir einfach laden…
In der Geschichte geht es um drei bärtige Brüder, die gleich zu Beginn des Spieles eine Flaschenpost in ihren Netzen finden – praktischerweise mit einer ominösen Schatzkarte. Blöd nur, dass die nicht viel aussagt. Was nun nach einer klassischen Wir-suchen-den-Schatz Geschichte klingt, wird aber bald schön abgedreht und führt die drei Brüder an außergewöhnliche Orte und zu merkwürdigen Gestalten.
Dies alles wird vor allem mit Text erzählt, der nicht nur deutsch lokalisiert wurde, sondern das auch noch ganz grandios. Hier wurden keine platten Sätze abgetippt, sondern hier liest man schon fast Literatur. Das verstärlt den Eindruck eines klassischen Märchens, deren Sprache heutzutage auch antiquiert oder zumindest sehr eigen für unsere Ohren klingt. Diesen Effekt gibt es auch hier.
Dann war ich geschockt!
Und zwar nach rund 20 Minuten. Da lief doch tatsächlich schon der Abspann über den Bildschirm. Und das, ohne ein wirklich befriedigendes Ende bekommen zu haben.
Dabei hatte ich mich so auf eine richtige Geschichte gefreut… Sollte es das gewesen schon sein? Ich will jetzt nicht spoilern (bei dieser Spielzeit), aber die Story war doch ziemlich dünn. Aber anscheinend kann man die drei Brüder weiter steuern, merkte ich. Also los, noch einmal ins Boot und die selben Orte noch einmal abgefahren…
Ich will es mal mit einem Auto vergleichen: Was nützt mir ein schnittig aussehender Ferrari mit geilem Motorsound, wenn er nur im Kreis fahren kann? So ähnlich fühlt sich für mich Burly Men At Sea an: Ich liebe es für sein wundervoll minimalistisches Artwork und die geschliffenen Texte, aber die Umsetzung mit der kurzen Geschichte und den zu ähnlichen Wiederholungen machen aus dem Spielbuch leider zu wenig. Hier wurde in meinen Augen viel verschenkt.
… ist heimlich ein Spielbuch
Legt man mit den drei Bärtigen erneut ab, merkt man an bestimmten Stellen mit der Zeit, dass man verschieden reagieren kann. Sprich, man kann sich an gewissen Punkten im Spiel entscheiden. Burly Men At Sea ist aber eher heimlich ein Spielbuch, denn große Buttons mit Auswahlmöglichkeiten wie bei Telltale & Co. findet man hier nicht. Hier lösen eher die kleinen Aktionen etwas für den weiteren Spielverlauf aus. Das finde ich an sich gut, denn es kommt eh schon ohne ein Interface aus und so ist die Immersion noch stärker.
Hier und da entdeckt man in weiteren Anläufen neue Möglichkeiten, den Weg zu ändern und versteht mit der Zeit auch, was so manche Charaktere beim ersten Anlauf da so kryptisch geschwafelt haben. Doch Burly Men At Sea braucht seine Zeit und seine Durchläufe, bis man diese (schöne) Erkenntnis bekommt. Und bis dahin sind viele Teile der Reise immer wieder leider gleich.
Eine schöne Idee: In einer Hütte wird jeder Durchlauf der Reise als Buch abgelegt, an dessen Rücken man einen Zahlencode lesen kann. Wenn man den dann auf der Entwickler-Homepage hier eingibt, bekommt man ein Geheimnis verraten. Das hat irgendwas mit Merchandise zu tun, ist aber nicht ganz so plump wie es jetzt klingt. Mehr verrat ich nicht.
Eine Wertung für Burly Men At Sea fällt mir schwer: Es hat eine wunderbare optische Ästhetik, wie man sie nur selten im AppStore findet. Es ist wie gemacht für die Touchscreen-Steuerung, die Soundkulisse ist toll und die deutschen Texte sind wundervoll geschrieben. Doch das alles ändert nichts an der zu kurzen und dünnen Geschichte, die auch mit den kleinen Variationen der erneuten Spiel-Anläufe nicht viel mehr Substanz bekommt. Von mir daher nur eine Empfehlung für Spieler:innen, die Wert auf polierte Optik und geschliffenes Wort legen und denen das (kleine) Geld für eine nette Geschichte nicht zu schade ist. Kurz, für alle, die auf besondere Spiele stehen.
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