Die Berliner Tinytouchtales sind zurück und liefern mit Card Thief ziemlich genau zwei Jahre nach dem Erscheinen von Card Crawl ein weiteres liebevoll gezeichnetes Solitaire-Kartenspiel mit fünf- bis zehnminütigen Partien ab.
Den “Dieb” trägt selbiges jedoch nicht leichtfertig im Namen. Schließlich dreht sich diesmal alles darum, zufällig generierte Anwesen möglichst unerkannt auszurauben und sich dabei kontinuierlich dem Wechselspiel aus Licht und Schatten zu bedienen.
Eine Spielwelt auf 3×3 Karten
Kernelement von Card Thief ist ein Raster aus 3×3 Karten, das von einem vorgefertigten Deck befüllt wird. Neben der Karte, die die aktuelle Position des Spielers repräsentiert, finden sich so bald allerlei Wachen mit verschiedenen Fähigkeiten auf dem Spielfeld wieder. Richtig gefährlich werden diese allerdings erst, wenn sie den eigenen Avatar auch sehen können, wozu sie wiederum eine Lichtquelle brauchen.
Der erfahrene Stealth-Spieler wird natürlich keine Zeit verlieren und sich sogleich an die Beseitigung jeglicher Lichtquellen machen. Dazu werden von Karte zu Karte reichende Pfade auf das Spielfeld gezeichnet. Dasselbe Feld darf dabei jedoch nicht mehrfach betreten werden. Wird nun beispielsweise eine Fackel erreicht, erlischt selbige unmittelbar. Unaufmerksame Wachen können ebenfalls einfach aus dem Weg geräumt werden. Entfernte Karten werden so lange zufällig vom Deck ersetzt, bis der Fluchtweg ausliegt.
Card Crawl gut weiterentwickelt
Der Clou dabei: Die Länge des zurückgelegten Pfades in jeder Runde bestimmt allein der Spieler. Längere Aktionsketten, die “in einem Rutsch” durchgezogen werden, erhöhen die auf dem Weg gemachte Beute, allerdings auch die Stärkewerte der Wachen und Fallen. In dieser kontinuierlichen Risikoabwägung erinnert das Spiel stark an seinen Vorgänger im Geiste. Wer nicht aufpasst, dem gehen die lebensnotwendigen “Stealth-Punkte” dabei schnell aus und der Raubzug endet fruchtlos.
Abhilfe schaffen dabei ins Deck eingemischte Schleichkarten und Verstecke, die ebenjene Punkte bis zu einem gewissen Grad wieder herstellen. Darüber hinaus lassen sich im Metagame mit der Zeit Spezialkarten freischalten, von denen bis zu drei ausgerüstet werden können. Mit deren Hilfe lassen sich beispielsweise Wachen ablenken oder Lichtquellen auch aus der Entfernung ausschalten.
Der Fortschritt im Metagame hängt wiederum erneut von der Risikobereitschaft des Spielers ab. In jedem Deck befindet sich eine Truhe, die (je nachdem wie viele Runden sie sich auf dem Spielfeld befindet) mehr wertvolle “Insignien” enthält, die zur Freischaltung der zusätzlichen Karten benötigt werden. Allerdings kann sie nur getragen werden, sofern ihr Level nicht über den aktuellen Stealth-Punkten des Spielers liegt. Erneut ist also strategische Abwägung gefragt: Soll ich noch abwarten oder gleich “auf Nummer sicher” zuschlagen?
In Sachen Content werden zum Release zunächst vier immer komplexere Decks (oder “Burgen”) geboten, die nach und nach auf einer Weltkarte verfügbar werden. In Kombination mit den beliebig kombinierbaren Spezialkarten und da ohnehin kein Durchlauf dem vorherigen gleicht, ergibt sich wie schon beim Vorgänger ein enormer Wiederspielwert.
Zudem wurde auch das Konzept der “Daily Challenge” übernommen: Jeden Tag dürfen sich alle Spieler ein mal an einem für alle exakt gleich aufgebauten Raubzug versuchen und ihre Punktzahlen vergleichen.
Übrigens: InAppKäufe gibt es keine und iCloud-Support soll mit dem nächsten Update kommen.
Wer auf einen würdigen Nachfolger des “modernen Klassikers” Card Crawl gehofft hat, wird nicht enttäuscht. Das tragende Spannungselement der Risikoabwägung wurde auch in Card Thief nahezu perfekt umgesetzt. Dennoch ruht es sich keinesfalls auf alten Lorbeeren aus und scheut nicht davor zurück, die Komplexität der Kernmechanik deutlich anzuziehen. Statt bloßen Zahlenwerten stehen nun Positionierung und Räumlichkeit im Fokus, was der Spieltiefe auf lange Sicht sehr gut tun dürfte. Da es auch in Sachen Präsentation und Feinschliff nichts zu meckern gibt, bleibt nur die verdiente Höchstnote!
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