Wir schreiben das Jahr 1991. Irgendwo in einem Chemnitzer Kinderzimmer schlägt sich eine kleine Maus durch famose Abenteuer. Im Lustigen Taschenbuch etwa bekommt sie es mit dem fiesen Kater Karlo zu tun. Im Micky Maus Heft war sie häufig gemeinsam mit anderen Disney-Figuren wie Goofy oder Chip & Chap in lustigen Comicstrips zu sehen. Dann gab es natürlich die zahlreichen Hörspiele aus dem Hause Disney auf Kassette.

Und im TV liefen jedes Wochenende die Disney-Cartoons auf RTLplus und ARD. Wie wahrscheinlich die meisten Kinder, bin auch ich mit Disney groß geworden und war und bin immer noch ein großer Fan der alten Disney-Produktionen, egal ob Cartoons, Comics, Hörspiele oder auch Videospiele. Im Gegensatz zu vielen Lizenzspielen waren damals Disney-Spiele dank den Entwicklern Capcom (auf den Nintendokonsolen) und SEGA (auf deren eigenen Konsolen) ein Garant für großartige Unterhaltung. Wer kann sich noch an die NES-Spiele zu Duck Tales, Chip & Chap, Darkwing Duck & Co. erinnern? Klassiker meiner Kindheit! Genauso wie Quackshot, Deep Duck Trouble und Goofy’s Hysterical History Tour auf den SEGA Konsolen.

Doch meine früheste Kindheitserinnerung, was Disney-Spiele betrifft, ist das 1990 erschienene Castle of Illusion für Megadrive, Master System und Game Gear. Übrigens unterscheiden sich die Leveldesigns für Megadrive auf der einen und Master System sowie Game Gear auf der anderen Seite. Man kann also ruhig einmal beide Versionen anspielen. Castle of Illusion war auch der Startschuss für eine Reihe grandioser Spiele mit Micky Maus. Gab es bei SEGA Castle of Illusion 2noch zwei direkte Nachfolger (Legend of Illusion sowie World of Illusion), machte sich Capcom daran mit der Magical Quest Reihe die im Jahr 1928 erschaffene Figur auf das SNES zu bringen. Aber zurück zum Schloss der Illusionen. SEGA hat diesen Klassiker nämlich einer Frischzellenkur unterzogen. Schon vor zweieinhalb Monaten erschien das Spiel auf der PS3, der Xbox 360 und dem PC – nun liegt auch endlich die iOS-Version von Castle of Illusions starring Mickey Mouse vor.

Es war an einem schönen Nachmittag in Vera City. Micky und Minni sitzen gemütlich beim Picknick zusammen. Die Wiese ist saftig grün, die Schmetterlinge fliegen durch die harmonische Szene und das Vogelgezwitscher lässt Frieden erahnen. Doch dann: Der Himmel verdunkelt sich und die böse Hexe Mizrabel kommt auf ihren Besen angeflogen. Sie entführt Minni Maus, um aus ihr die Jugend zu extrahieren und bringt sie in das namensgebende Schloss der Illusionen.

Hier muss Micky die sieben Diamanten finden, um die Regenbogenbrücke zu Mizrabels Turm zu aktivieren. Doch bewahrt werden diese in fünf Welten von den Meistern der Illusionen. Und so führt uns der Weg durch den Dunkelwald, das Spielzeugland, einer großen Bibliothek oder in das Süßigkeitenland. Wir nehmen es mit Rittern, Geistern, Bäumen, Spinnen und anderen Gegnern auf. Wir können den Gegnern auf den Kopf springen und so die Sprunghöhe drastisch erhöhen oder mit Äpfeln, Murmeln und anderen Geschossen nach den fiesen Widersachern werfen.

Wer dabei eine 1:1 Kopie des alten Leveldesigns befürchtet, darf beruhigt aufatmen. Die Levels haben die gleichen Settings und einige Elemente sind dieselben geblieben (wie dieses wunderbare YouTube-Video zeigt), aber an sich wurden die Level von Grund auf neu gestaltet. Die Spielfigur läuft von links nach rechts, zeitweise aber auch von rechts nach links. Und manchmal gibt es zur Auflockerung auch 3D-Abschnitte, wo man beispielsweise in schönster Indiana Jones Tradition vor einem rollenden Apfel flüchtet.

Das Leveldesign ist sehr verwinkelt und voller Geheimnisse. Hier muss man nicht nur an das Ziel zu kommen, sondern auch Diamanten einsammeln – die man zum Freischalten neuer Level benötigt. Keine Angst, die Mengen sind fair und bei normalem Spielen zu erreichen. In Castle of Illusion 4 jedem Level sind noch Spielkarten, Teile von Statuen und Chili-Schoten versteckt – hat man eine bestimmte Menge gesammelt, werden Kostüme für Mickey, Statuen im Schloss sowie eine geheime weitere Spielfigur freigeschaltet. Es sei aber gesagt, dass die Verstecke nicht so einfach zu finden sind. Man muss sprichwörtlich jeden Winkel der Levels absuchen. Da viele Level verzweigt sind, muss man sie häufig mehrmals spielen um alles zu finden.

Wie in einem Plattformer üblich, steuern wir die Figur natürlich selbst. Mit einem digitalen Analogstick auf der linken Seite sowie den Sprung- und Aktionsknopf auf der rechten Seite hat man das Geschehen gut unter Kontrolle. Selbst die Steuerung per Analogsteuerung funktioniert, etwas womit man sich sonst in iOS-Spielen doch schwer tut. Aber hier gibt es doch einen Kritikpunkt: Solange das Spielgeschehen im 2,5D Modus stattfindet, ist die Steuerung 1a. Doch in den 3D-Abschnitten ist die Steuerung doch recht schwammig. Das ist kein iOS-exklusives Problem, sondern damit haben auch die Versionen für PC und Konsolen zu kämpfen. In der Tat handelt es sich hier um eine sehr gute Portierung des Spiels.

Grafik, Musik und Sprachausgabe sind genauso wie auf den anderen Geräten. Ja und es gibt Sprachausgabe: Ein Erzähler kommentiert mit kuscheliger Gemütlichkeit jede größere Aktion  im Spiel, etwa wenn wir einen neuen Bildschirm erreichen oder Bossen gegenüberstehen. Dies geschieht in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln. Auch Mickey und die Gegner geben häufig kleine Kommentare von sich. Die Grafik selbst ist wunderbar: Überall im Bild bewegt sich etwas und die Level fühlen sich sehr lebendig an. Die Ohren werden verzaubert von einer orchestralen Versionen des alten Megadrive-Soundtracks.

http://www.youtube.com/watch?v=6sZWj_wJ7aU

Nun ist das Spiel ist mit derzeit 8,99€ vergleichsweise teuer. Dafür gibt es aber auch keine Werbung und keine InAppKäufe. Nach Oceanhorn und Rayman Fiesta Run in kürzester Zeit wieder ein vollwertiges Spiel. Liebe Publisher, so kann das gern weitergehen!

Nun muss man aber auch sagen, dass das Spiel ein Remake eines alten Plattformers darstellt, welches man damals in einer halben Stunde durchspielen konnte. Der Umfang dieses Spiels ist auch nicht sonderlich lang: Beim normalen Spielen ist man in 2-3 Stunden durch. Möchte man aber alle Geheimnisse finden, kann es durchaus länger dauern. Dabei ist das Spiel nichts für Anfänger oder “Casual-Gamer”, denn spätere Level werden sehr knifflig und orientieren sich vom Schwierigkeitsgrad an alten Konsolenspielen der 80er und frühen 90er Jahre. Für jüngere Spieler kann das Spiel, trotz der natürlich schönen Thematik, daher nicht empfohlen werden – jüngere Spieler sollten mindestens 8-9 Jahre sein. Aber das ist natürlich von Kind zu Kind unterschiedlich.

Kindheitsgefühle! Mehr muss man zu diesem Spiel nicht sagen! Castle of Illusion ist nicht nur ein Remake des Megadrive-Originals, sondern auch eine liebevolle Neuinterpretation. Es beinhaltet genug Neuerungen, um auch alte Fans wie mich vollkommen ins Schwärmen zu bringen. Die liebevolle Gestaltung ist genauso zeitlos wie das ganze Setting des Schlosses der Illusionen. Ja, liebe Leser, hier steckt der Geist von Walt Disney drin! Der Geist des Disney-Programms, mit dem ich als Kind aufgewachsen bin. Es macht großen Spaß, auch wenn die Steuerung in den 3D-Abschnitten etwas hakelig und der Umfang überschaubar ist. Für Retrospieler, Plattform-Freunde und Disney-Fans ist dieses Spiel wahrlich ein Kleinod. Alle anderen sollten vorher durchaus mal Probespielen.

[app 646489967]
+ liebevolle Neuinterpretation des Klassikers
+ wunderschöne Präsentation
+ keine In-App-Käufe oder Werbung
+ später sehr forderndes Leveldesign
+ verschiedene Steuerungsarten
+ Remake des Original-Soundtrack
+ Sprecher mit passenden Reaktionen
+ deutsch
+ GameCenter Anbindung
+ Universal-App
– etwas hakelige Steuerung in 3D-Abschnitten
– geringer Umfang
– kein iCloud-Support