Als Wachmann Pearcy in einer verlassenen Nervenheilanstalt nach dem rechten sehen soll, bevor sie abgerissen wird, hört er dort die Stimme eines Kindes. Es scheint hinter einem Heizungsschacht zu stecken. Als er nachsieht, bricht plötzlich der marode Boden unter seinen Füßen zusammen und er ist gefangen. Aber er ist nicht allein – was allerdings kein Grund ist, keine Angst zu bekommen.
Mit dem Horrorspiel Lost Within legt das Amazon Game Studio zusammen mit Human Head Studios (Prey, …) ihr Debüt im AppStore hin und das kann sich wirklich sehen lassen. Das iOS-Spiel gruselt mit einer dichten subtil-unheimlichen Atmosphäre und kleinen Schock-Effekten, weniger mit Blut und Gewalt. Daher ist es nichts für Spieler mit schwachen Nerven.
Und was ist mit Story?
Durch Flashbacks aus der Vergangenheit und kleinen Notiz-Zetteln wird nebenbei die Geschichte eines schief gelaufenen Experiments in der hermetisch abgeriegelten Nervenheil-Anstalt erzählt. Und natürlich stößt man immer noch auf monströse Bewohner. Zumindest das Kind stellt sich als hilfreich heraus, denn es warnt kurz vor dem Zusammentreffen mit den Kreaturen.
Immer wieder findet man nützlich gefüllte Rucksäcke und durchsucht Schränke nach überlebenswichtigen Dingen, die man im Inventar ablegen kann. Diese wichtigen Orte, Gegenstände und Türen werden durch Blinken hervorgehoben. Im Inventar sieht man zu jedem Gegenstand, wozu man es benutzten kann – hier haben die Entwickler die Crafting-Idee aufgegriffen. Aus gefunden Dingen wie Lumpen und Klebeband lassen sich beispielsweise neue Gegenstände wie Verbände herstellen. Dabei ist man recht frei im Herstellen von Dingen, allerdings ist die Auswahl recht eingeschränkt. Aber Lost Within will auch kein Minecraft sein.
Schöne Idee, um sich nicht zu verlaufen: Mit gesammelten Spraydosen kann man sich einmalig den Weg anzeigen lassen. Doch das Horror-Spiel verläuft recht linear, der Einsatz ist also nicht häufig nötig. Und die Beschränkung hält den Spielspaß am Leben, denn zu einfach verfügbare ‘Cheats’ zerstören meiner Meinung nach das Spielerlebnis. Lost Within ist aber dennoch recht gnädig mit den geschundenen Spielern und setzt automatisch recht engmaschige Checkpoints, an die man im Todesfall zurückgesetzt wird. Viel zu verlieren hat man also nicht.
Mit OneTouch-Steuerung!? Echt jetzt?
Durch die dunklen Gänge der maroden Anstalt steuert man aber nicht mit einem virtuellen Pad wie bei Forgotten Memories, sondern nur mit einem Finger, indem man einfach an die gewünschte Stelle tippt. Ein Doppel-Tap lässt Pearcy rennen und Türen schneller öffnen. Umschauen kann man sich (sogar dabei) wie gewohnt durch ein Wischen auf dem Touchscreen. Die Steuerung funktionierte nach einer kleinen Einarbeitung insgesamt gut, ich würde sagen, sogar besser als mit einem virtuellen Stick! Daher ist auch die Unterstützung eines iOS Controllers hier nicht nötig. Alternativ kann man übrigens trotzdem ein virtuelles Pad links einblenden, hier reagiert der Wachmann aber eher träge.
Nach einigen Kapiteln stellt sich Lost Within als ein düsteres Stealth-Spiel heraus. Gegen die (geklonten) Monster hat man keine Chance, lediglich eine Betäubungspistole kann man später nutzen. Aber meist versteckt man sich in einem Schrank, erspäht die Monster kurzzeitig durch Wände mit einem Stethoskop oder lenkt sie mit Radios oder einem Wecker ab. Leider agieren die Widersacher recht dumm: Versteckt man sich in einem Schrank, drehen sie schon bald weiter ihre festen Runden. Auch Weitsicht ist nicht ihre Stärke, teilweise wird man auch wenige Meter vis-a-vis ignoriert. Das macht auf Dauer einen etwas faden Beigeschmack.
Die Soundkulisse verbreitet ein permanent unwohles Gefühl. Aus der Ferne hört man Schreie, Schritte und Lautsprecher-Durchsagen, der kleine Junge flüstert immer wieder Hinweise. Auch die verlassenen Gänge mit düsterem Licht und abgeranzten Interieur verbreiten morbide Atmosphäre. Grafisch läuft es flüssig und sieht verdammt gut aus, aus nächster Nähe mag die eine oder andere Textur nicht die Schärfste sein – aber geschenkt. Schließlich habe ich hier ein mobiles Gerät in den Händen und sitze nicht am Rechner. InAppKäufe gibt es bei dem Spiel nicht, so dass ihr die Story in rund 5-6 Stunden ganz entspannt genießen könnt – Nerven wie Drahtseile vorausgesetzt.
Mit ihrem AppStore-Debüt Lost Within setzen die Amazon Game Studios ein markantes Zeichen, schließlich ist das Horror-Spiel grandios umgesetzt: Eine richtig gute 3D-Grafik, die flüssig läuft, eine passend gruselige Atmosphäre und verdammt geschickt eingesetzte Schreck-Momente. Man hat wirklich nur den Wunsch, möglichst schnell aus der Anstalt zu fliehen. Andererseits will man aber auch wissen, was denn hier nun bei dem Experiment schief gelaufen ist. Leider agiert die KI recht dumm und ist nicht besonders bedrohlich. Insgesamt aber ein lohnenswertes Action-Adventure für Spieler mit harten Nerven auf Thriller-Niveau.
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+ tolle 3D Optik + beklemmende Atmosphäre + gute OneTouch-Steuerung + alternatives digitales Gamepad + düsteres Setting + kleine Story mit Flashbacks + Crafting-System + keine InAppKäufe + deutsch + GameCenter-Anbindung + Universal-App |
– Gegner sehen gleich aus – KI ist dumm – Zwischensequenzen hölzern – keine iCloud Savegames |