Sid Meier. Ein Name, der mich bereits durch mein gesamtes Leben begleitet. Mit Freuden habe ich in Pirates! als Piratenkapitän die Karibik geplündert, mit Railroad Tycoon eine ganze Eisenbahngesellschaft aufgebaut, in Civilization eine ganze Zivilisation durch viele tausend Jahre geführt und in Colonization als Europäer die neue Welt Amerikas unterworfen.

In Sid Meiers Spielen hat man meist das bekommen, was versprochen wurde. Mit Sid Meier’s Starships erschien zuletzt eine Weiterführung von Civilization: Beyond Earth. Das Ziel? Die Galaxis durch taktische Raumkämpfe, Diplomatie und Wirtschaft zu bereisen und zu beherrschen. Hört sich eigentlich gut an. Doch was hier abgeliefert wurde, ist kaum noch zu unterbieten. Aber fangen wir von vorn an…

 

Etwas Civi, etwas Raumk(r)ampf

Am Anfang wählen wir einen von acht Anführern aus. Jeder Anführer bringt einen anderen Startbonus ins Spiel, dazu gibt es noch die Wahl zwischen drei Affinitäten. Mit „Vorherrschaft“ beginnt das Spiel mit einem bereits gebauten Wunder, bei „Harmonie“ werden die Raumschiffe für die Hälfte der Kosten repariert und mit „Reinheit“ gibt es doppelte Ressourcen-Belohnungen für abgeschlossene Missionen. Dazu wählen wir aus vier Kartengrößen, zwischen 1-6 KI-Gegnern, den Schwierigkeitsgrad und die Siegbedingung (Herrschaft, Bevölkerung, Wunder, Wissenschaft). Das erste Problem: Diese Bedingung gilt nur für den Spieler, nicht die KI. Hat man beispielsweise Wunder gewählt, gewinnt man, nachdem alle Wunder erspielt wurden. Die KI-Gegner können aber dennoch durch andere Ziele wie Bevölkerung gewinnen. Das macht das ganze Spiel schon von vornherein beliebig.

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Die rundenbasierten Gefechte spielen auf einem 2D-Hexfeld

Im eigentlichen Spiel geht es darum, seinen Einflussbereich im Universum auszubauen. Dies geschieht, indem wir Planeten bereisen und dort Einflusspunkte sammeln. Zwei können wir durch Missionen gewinnen, einen indem wir dort Landurlaub machen und den Letzten kauft man ganz plump.

Die Missionen sind keine Rede wert: Immer geht es nur darum, andere Raumschiffe zu bekämpfen. Manchmal muss man einen eigenen Frachter zu einem bestimmten Punkt auf der Karte geleiten, manchmal andere Frachter ausschalten. Wir können uns hinter Asteroiden und Planeten verstecken. Wir können uns innerhalb eines bestimmten Radius tarnen, Feinde enttarnen, Torpedos auf die Reise schicken, die Feinde mit Lasern aus der Distanz und mit Energiewaffen aus der Nähe befeuern. Zudem lassen sich Jägerverbände nutzen, die zwar nicht so viel aushalten, dafür aber sehr wendig agieren.

Alles ganz nett. Das Problem: Es ist immer das Gleiche! Die KI-Gegner nutzen immer dieselbe Strategie und hat man diese einmal durchschaut, ist so ein Raumkampf innerhalb 2-3 Minuten vorüber. Zudem macht die KI deutliche Fehler, etwa dass diese sich um die Jägerstaffeln statt die eigentlichen Raumschiffe kümmern. Auch der Tarnmodus wird sehr selten genutzt. Nach einem Kampf bekommen wir verschiedene Ressourcen, mit denen wir unsere Raumschiffe aufrüsten, Städte auf Planeten aufbauen oder neue Technologien erforschen. Je größer die Städte werden, desto mehr Ressourcen gibt es pro Runde. Mit neuen Technologien können unsere Raumschiffe mehr Schaden nehmen oder wendiger agieren. Und so fliegen wir von Planet zu Planet, erfüllen Missionen, bauen die Städte und unsere Flotte weiter auf.

Die KI-Gegner agieren auf dem selben Spielfeld. Auch diese bauen ihr Reich immer weiter aus. Wenn man aber niemand den Krieg erklärt, sind sie keine weitere Bedrohung. Und so nutzt man das Diplomatie-Menü nur dafür, zu erfahren, was die KI-Gegner in den letzten Runden gemacht haben und um ihnen eben den Krieg zu erklären. In diesen Fall können wir gegnerische Planeten angreifen und einnehmen.

Technik aus dem letzten Jahrhundert

Spielerisch ist Starships also ein Reinfall. Wie schaut es auf der technischen Seite aus? Nicht viel besser. Das Artwork ist durchschnittlich und fade. Die Texturen der Raumschiffe sind lieblos, die Explosionen alles andere als explosiv. Dazu sind die Hintergründe in den Standbildern nicht so toll, auch die allgemeine Kulisse ist eher trist. Die Musik ist generisch, die Soundeffekte ebenso. Und dann wären auch noch zahlreiche Bugs: So erscheinen während des Spiels häufig Einblendungen aus dem Tutorial und manchmal passiert beim Antippen einer Schaltfläche nichts, sodass man das Spiel neu starten muss. Aber vielleicht hätte das Spiel zumindest im Multiplayer-Modus Spaß gemacht? Das werden wir wahrscheinlich auch nicht erfahren, denn auch diesen gibt es nicht.

Gut, man kann zoomen und die Steuerung ist einfach zu bedienen. Aber das ist kein Pluspunkt, das setze ich voraus. Ansonsten ist es einfach unfassbar, wie lieblos und generisch die Präsentation gehalten ist. Es gibt keine echten 3D-Grafiken und allgemein frage ich mich, wozu das Spiel 600MB auf meinem iPad benötigt. Das bekommen andere Spiele für einen Bruchteil des Speicherplatzes hübscher hin. Selbst Windows-Spiele Ende der 90er sahen besser aus, hatten schönere Musik und allgemein mehr Umfang. 2015 erwarte ich einfach mehr. Ja, auch auf einem Tablet!

Als Sid Meier vor einiger Zeit in einem Interview sagte, dass er sich in Zukunft auf Tablet-Spiele konzentrieren möchte, ahnte ich bereits Schlimmes. Denn immer wenn ein Entwickler so etwas sagt, kann man davon ausgehen, dass dieses Spiel weder Tiefe besitzt noch Spaß bereitet. Und so ist Sid Meier’s Starships eine krude Mischung aus einem kastrierten Civilization mit immer gleichen Raumkämpfen. Es gibt wirklich keine taktische Tiefe, man kann praktisch nicht verlieren. Je weiter man kommt, desto einfacher wird es – weil man immer mehr und mehr mit Ressourcen zugeschüttet wird. Warum meinen Entwickler, dass Tablet-Spieler einen IQ von unter 10 haben? Und das alles auch noch für diesen Preis? Spart Euch das Geld und kauft lieber ein echtes Strategiespiel, zum Beispiel von Slitherine (die verstehen ihr Handwerk!) oder Civilization Revolution. Da habt ihr mehr von. Doch vor dieser Gurke hier kann ich nur eindringlich warnen!

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+ einfache Steuerung
+ Zufallskarten
+ vier Schwierigkeiten
+ rundenbasierte Kämpfe
+ Tutorial
+ GameCenter Anbindung
+ deutsch
+ keine InAppKäufe
– tristes Artdesign
– monotones Gameplay
– KI hält sich nicht an Siegbedingungen
– KI relativ dämlich, sehr einfach
– magere Aufbau- und Forschungselemente
– keine echte Diplomatie
– keine Retina-Auflösung
– 08/15-Musik, triste Geräuschkulisse
– kein Multiplayer-Modus
– häufige Bugs, technisch unausgereift
– für den Preis zu wenig Inhalt