Kennt ihr das? Ihr habt eine Prüfung, bereitet euch gut vor und steht aufgeregt vor der Prüfungskommission – doch dann geht alles schief. Die  Prüfer fragen genau das ab, was ihr als unwichtig erachtet oder übersehen habt. Am Ende denken sie, ihr könnt nix und watschen euch mit einem schlechten Ergebnis ab. So ähnlich erging es Crescent Moon Games mit dem Release von The Deer God. Auch hier hatte Version 1.0 bei Spielern und Testern mit Abstürzen, zerstörten Savegames und hektischer Steuerung für Unmut gesorgt. Fast drei Wochen später ist nun das Update 1.1 erschienen und will alles besser machen. Ich habe deswegen auch so lange mit einem Review gewartet und bin gespannt, das an sich schicke The Deer God anzuspielen!

the deer god ios

Die Idee der Rahmenhandlung ist recht schön: Ein passionierter Jäger will einen kapitalen Hirsch ermorden, wozu er durch einen wetterbedingten Blitzschlag nicht mehr kommt. Statt in die Hölle, muss er sich aber vor dem Deer God verantworten und muss zur Buße selbst als junger Hirsch zurück auf die Erde. Mit jedem Schritt den ihr euch durch die fantastisch gepixelten Landschaften bewegt, gewinnt er an Erfahrung und wächst – insofern er nicht stirbt oder von ehemaligen Kollegen ermordet wird.

Man bewegt sich mit dem Hirsch stets von rechts nach links durch die 2D Landschaft. Mit einem Doppelsprung überwindet man auch große Absätze. In Vorsicht sollte man sich vor der vielfältigen Tierwelt mit ihren aggressiven Vertretern nehmen. Wenn man stirbt, setzt man beim letzten Savepoint ein – das kann ein Storypunkt sein oder man zeigt mit einer willigen Rehdame ein Kind. Bei jeder Wiedergeburt wird die Landschaft in großen Teilen zufällig generiert, wodurch es eigentlich immer interessant bleibt.

Deer God Review iOS Die Spielwelt selbst ist fantastisch und gehört wirklich zu den schönsten Retro-Vertretern, dich je auf einem Bildschirm gesehen habe. Ein Vergleich mit dem wundervollen FEZ liegt hier nah. Man durchstreift frischgrüne Wälder, jagt durch blätterwerfende Herbstbäume, durchquert Eiswüsten vorbei an Eskimo-Siedlungen und alten Ruinen im Dschungel oder stiebt durch den roten Sand des wilden Westens. Dazu gibt es noch einen fluffigen Wechsel von Tag und Nacht, der das Spiel zu einer wahren Augenweide macht. Die Soundkulisse besteht aus entspannter Hintergrundmusik, die meist recht elektronisch und flächig daherkommt und nicht etwa im retrolastigen Chiptune-Sound. Hier gibt es eher moderne Klänge. Leider macht das Spiel jeweils einen harten Cut zwischen zwei Songs, was  unprofessionell wirkt.

Was hat nun das Update 1.1 gebracht? Hier wurden die Probleme mit den Savegames behoben, durch die ich nach rund einer Stunde Spielzeit nach dem Laden immer im Nichts landete und so nicht weiterspielen konnte. Geblieben ist die fummelige Steuerung: Man hat auf der linken Seite ein virtuelles Gamepad, das leider viel zu sensitiv reagiert. Gefühlvolles steuern kann man eigentlich vergessen, auch wenn ich zugeben muss, dass ich mich mit der Zeit etwas an die Empfindlichkeit gewöhnt habe. Dazu kommen im späteren Spielverlauf aber Spielwelt-Abschnitte mit winzigen Säulen, über die man hüpfend navigieren muss. Darunter finden sich oft tödliche Spitzen, die teilweise durch Objekte im Vordergrund verdeckt oder durch Dunkelheit schlecht auszumachen sind. Hier wird ein Weiterkommen zum Glücksspiel. Oder zur Frustrationsprobe. Und da will ich gar nicht vom Hardcore-Modus reden, bei dem man keine Savepoints hat. Utopisch! Und derzeit mit Touch-Steuerung unspielbar.

Und dabei hat der mystische Plattformer noch so viel mehr zu bieten! Im Hintergrund schlummert ein Rollenspiel-System, mit dem man Gegenstände einsammeln, im Inventar ablegen und benutzen kann. Es gibt kleine Nebe

naufträge, man hat kleine Schiebepuzzle in der Spielwelt, kann Höhlen und Innenräume entdecken oder vier magische Spezialfähigkeiten freischalten. Doch wenn das Spiel die Motivation von Anfang an untergräbt, hat man auch keine Lust mehr darauf, dies alles zu entdecken.

[Update 12.10.2015] Nun hat Crescent Moon endlich das Update 1.2 herausgebracht, dass die Steuerungsprobleme behebt (man kann nun deutlich langsamer und präziser steuern), auch die Generierung der Welt ist nun fairer. Die abgehackten Übergänge zwischen den Background-Songs sind aber immer noch vorhanden…

The Deer God kann nun nach dem Update 1.2 endlich spielen… Verspricht das Spiel mit seiner Idee und der wundervollen Pixelwelt doch so viel! Doch bisher gab es zu viele Ärgernisse: Man starb unnötig viel durch eine schlecht designte Spielwelt und die Steuerung war zu empfindlich. Das ist nun deutlich besser, aber immer noch nicht ideal. Auch auf die Soundkulisse ist mir zu lieblos, hier wäre deutlich mehr drin gewesen. Unterm Strich ist das Spiel nun einen Download wert, vor allem für Spieler, die auf Retrowelten stehen und eine interessante Story mögen, aber auch Sprungeinlagen nicht abgeneigt sind.

[appbox appstore 1014505645]
+ fantastische Pixel-Landschaft
+ schöne Spielidee/Story
+ Tag/Nachtwechsel
+ zwei Schwierigkeitsgrade
+ zufällig generierte Spielwelt-Teile
+ Grafik anpassbar
+ keine InAppKäufe
+ geringer Speicherbedarf
+ entspannter Soundtrack
+ GameCenter-Anbindung
+ Universal-App
– tödliche Unübersichtlichkeit
– unschöne Musikübergänge
– keine Naturgeräusche
– englisch
– keine iCloud Savegames
– kein Controller Support