Roblox hat in der Coronakrise viele Initiativen gestartet, um den Nutzern der Plattform beizustehen. Hinter den Aktionen steht der Versuch, eine Art Metaverse zu etablieren. Moment, was…?

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Roblox gehört zu den großen Profiteuren der Coronakrise, indem der Plattformbetreiber mit einer stabilen Infrastruktur und vergleichsweise einfach zu erlernenden Tools digitale Rückzugsorte bietet, in denen all das möglich gemacht werden kann, was das Coronavirus temporär oder dauerhaft zerstört hat. Das Virus ist an keiner Branche spurlos vorbeigegangen. Während die Veranstaltungsbranche seit März de facto kaum bis kein Geld erwirtschaftet, sieht es bei Unternehmen, die hauptsächlich über digitale Wege Güter welcher Art auch immer anbieten, anders aus. Neben Versandhäusern, Streaming-Anbietern oder zu Streaming-Anbietern gewordenen Versandhäusern zählt vor allem die Gaming-Branche zu den großen Profiteuren der Krise. Also im Grunde jedes Unternehmen, dessen Geschäfte rein digital ablaufen. 

Digitaler Ausgleich

Mehrere Umfragen über den ganzen Globus verteilt scheinen zu bestätigen, dass Menschen aller Altersgruppen erheblich mehr Zeit vor Bildschirmen verbringen. Das hat auch eine Nutzerbefragung ergeben, die von der Roblox Corp. durchgeführt wurde. Das Unternehmen betreibt die gleichnamige Plattform, die mit einer Art YouTube für Games vergleichbar ist. Auf Roblox tummeln sich inzwischen mehr minderjährige Nutzer als auf YouTube oder bei Fortnite. Der Erfolg der Plattform, die hierzulande kaum einer kennt, war schon vor Corona enorm und dürfte sich durch die Pandemie weiter zementieren. Die Plattformbetreiber haben erst vor kurzem eine selbst entwickelte Anwendung veröffentlicht, in der die Nutzer digitale Partys feiern können und bemühen sich so, Usern einen Hauch Normalität zurückzugeben. Diese mal mehr, mal weniger zaghaften Schritte könnten eine große Umwälzung andeuten, nachdem der physische Kontakt zwischen Menschen vielleicht völlig unnötig geworden ist.

Digitale Events

Solche speziellen Anwendungen für digitales Beisammensein sind für Roblox keine Besonderheit. Bemerkenswert ist aber die Menge und Größe der digitalen Rückzugsorte, die vom Plattformbetreiber seit März angeboten werden. Für die hauseigenen Bloxy Awards werden schon seit längerem eigene Anwendungen erstellt, in denen die digitale Gala und Verleihung gefeiert wird. Die diesjährigen Bloxy Awards stellten aber mit ungefähr 600.000 gleichzeitigen Spielern, die an den Feierlichkeiten teilgenommen haben, einen neuen Rekord auf.

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Das Award-Event blieb nicht die einzige Großveranstaltung im Roblox-Kosmos. Am 17. April konnten die Nutzer der Plattform in einem digitalen Theater das „One World: Together At Home“ mit beispielsweise Billie Eilish und Taylor Swift live verfolgen. Roblox-CEO David Baszucki freute sich im Vorfeld, dass es auch in diesen unsicheren Zeiten Wege gäbe, Menschen auf der ganzen Welt zusammenzubringen. Während global Konzerte und Festivals abgesagt wurden und die Infektionszahlen in die Höhe schossen, feierte die Roblox-Community sichere digitale Konzerte auf den Roblox-Servern. Bisher waren alle Veranstaltungen dieser Art auf Roblox kostenlos für alle verfügbar. Aber warum sollte für Events dieser Größenordnung nicht in Zukunft Eintritt verlangt werden? Wer käme schon auf die Idee, für Wacken kostenlosen Eintritt zu verlangen? 

Digitale Bildung

Die Roblox Corp. interessiert sich nicht erst seit der Coronakrise für die Bildung ihrer Nutzer. Immerhin kommt jede Anwendung auf der Plattform, mit Ausnahme der Roblox-eigenen Eventräume, von den Roblox-Spielern. Mit Roblox Studio existiert sogar eine eigene Engine, die mit der Skript-Sprache Lua beliebig angepasst werden. Damit hat jeder Nutzer die Möglichkeit, einfache aber auch sehr komplexe Spiele zu erstellen und auf Roblox zu veröffentlichen. Die Plattform lockt vor allem mit einem gigantischen potenziellen Publikum und der Möglichkeit, am Umsatz der verkauften Gegenstände im eigenen Spiel beteiligt zu werden.

Roblox Studio

Die Tools zu beherrschen ist aber nicht einfach und erfordert viel Fleiß und Arbeit. An dieser Stelle kommt das Bildungsprogramm von Roblox ins Spiel. In vielen Tutorials, Videos und Schritt-für-Schritt-Anleitungen bieten die Plattformbetreiber jede Menge Material an, um die Spielerschaft zu Game Designern und Entwicklern auszubilden. Sogar Handreichungen für Eltern und Lehrer bietet die Roblox Corp. an. Sicher nicht aus reiner Nächstenliebe. Roblox hat wie jedes andere Unternehmen auch vor allem ein Ziel: Geld verdienen.

Digitale Wirtschaft

Das Geschäftsmodell ist ganz grob mit dem bekannter Plattformen vergleichbar. Roblox stellt die Infrastruktur und sorgt für die Rahmenbedingungen und Tools. All das steht den Nutzern kostenlos zur Verfügung. Geld wird mit dem Verkauf von Robux, der Ingame-Währung, verdient. Wie die Entwickler dieses Zahlungsmittel in ihren Spielen integrieren, bleibt ihnen überlassen. Allerdings fließt mit jeder getätigten Transaktion  sowohl Geld an die Entwickler als auch an Roblox.

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Nach diesem Geschäftsmodell ist es nur logisch, immer mehr Nutzer an die Plattform zu binden, um so regelmäßig für neue Spiele zu sorgen. Das wirtschaftliche Risiko und das zeitliche sowie monetäre Investment lagert Roblox so an die Community aus. Die Summe, die alle Entwickler weltweit auf der Plattform umsetzen, ist enorm. Auf der diesjährigen Roblox Developer Conference (RDC) schätzte das Unternehmen, dass Ende des Jahres 2020 insgesamt 250 Millionen US-Dollar an die Entwickler ausgezahlt werden. Die Gebühren, die Roblox bei jeder Transaktion verlangt, sind von dieser Summe bereits abgezogen. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 waren es noch 110 Millionen US-Dollar. Die Plattform wächst rasend schnell und die Entwickler sowie Roblox verdienen immer mehr Geld. 

Willkommen in der Matrix

Das viele Geld investiert Roblox fast komplett in die Verbesserung der Plattform, neue Tools für Roblox Studio und in die Infrastruktur. Im Zuge der RDC sprach Baszucki darüber, was er langfristig mit Roblox plant. Nichts geringeres als ein Metaverse möchte der Plattformbetreiber aus dem Silicon Valley erschaffen. Vor Corona hätte dieses Vorhaben, ganz besonders in Deutschland, sicherlich für Kopfschütteln gesorgt. Zwar scheint die Roblox-Idee hierzulande immer noch nicht so richtig anzukommen, die weltweiten Nutzerzahlen verorten Roblox aber weit außerhalb der Bedeutungslosigkeit. Sollte es der Roblox Corp. tatsächlich gelingen, ein funktionierendes, kinder- und familienfreundliches Universum innerhalb des Internets zu erschaffen, in dem all das sorglos getan werden kann, was das Coronavirus in der Realität unmöglich macht, ist ein Leben in der Matrix vielleicht doch nicht so absurd, wie es den Anschein haben mag.

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Quelle: Telekom

In diesem Jahr müssen sich viele Veranstalter die Frage stellen, ob sie noch eine Existenzberechtigung haben, wenn große Messen und Events mit erheblich geringeren Kosten digital stattfinden können. Nicht Roblox, sondern auch beispielsweise Blizzard und die Indie Arena Booth zeigen, wie schnell sich bestimmte Aspekte digitalisieren lassen. Blizzard verlangt für die eigene Messe, die Blizzcon, auch für die Zuschauer von Zuhause ein Eintrittsgeld. Vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir uns alle auf dem offiziellem Roblox-Wacken-Server für ein Festival treffen.

Bildquellen:

Screenshots aus der App