In der Nacht des 12. Juli 2015 erschütterte eine Nachricht nicht nur viele Millionen Spieler weltweit, sondern auch gleichzeitig auch sämtliche Spielehersteller: Satoru Iwata, seines Zeichens CEO/Präsident von Nintendo seit 2002, erlag am 11. Juli 2015 an seiner langen Gallenkrebs-Erkrankung mit nur 55 Jahren.

Iwata wurde am 6. Dezember 1959 im japanischen Stadt Sapporo geboren. Schon früh fing er an, sich für Videospiele zu interessieren. Nachdem er einen Abschluss an der Technischen Oberschule Tokio erlangte, fing er im Jahr 1980 als Programmierer beim HAL Lobaratory an – HAL war seit jeher eng mit Nintendo verbunden. Dort entstanden Spieleklassiker wie Kirby oder Adventures of Lolo. Schon in frühen Spielen wie Balloon Fight bewies Iwata sein Gespür für spaßiges Spiel- und Leveldesign. Schnell stieg er zum ausführenden Produzenten auf und produzierte Klassiker wie die Earthbound-Reihe, sämtliche Kirby-Spiele, Eggerland oder einige Titel aus der Pokémon-Reihe.

Im Jahr 2000 wechselte er dann von HAL direkt zu Nintendo. Dort wurde er 2002 vierter Präsident der japanischen Traditionsfirma, die bereits im Jahr 1889 als Hersteller von Hanafuda-Spielkarten gegründet wurde und sich im 20. Jahrhundert (vor der Zeit der Videospiele) vor allem als Spielzeughersteller einen Namen machte. Iwata war der erste Präsident von Nintendo, der nicht aus der Yamauchi-Familie – welche Nintendo seit 1889 führte – stammt.

Als Präsident von Nintendo führte er das Unternehmen nach einer langen wirtschaftlichen und kreativen Talfahrt zum neuen Erfolg. Alte längst vergessene Franchise-Titel wie Star Fox oder Metroid wurden neu belebt, es gab endlich wieder neue Mario-Abenteuer und Nintendo entfernte sich zunehmend von dem Image der „Pokémon-Firma“, welches das Unternehmen Ende der 90er in eine Sackgasse führte.

Seine Antwort auf die Probleme Nintendos war aber nicht nur darin begründet, alte Spielreihen neu aufzulegen, sondern auch frische Ideen auszuprobieren. Als 2005 unter seiner Leitung das Nintendo DS erschien, war es das erste massentaugliche Spielegerät mit einem eingebauten Touchscreen. Während heute Touchscreens normal sind, war das damals eine Revolution im Handheld-Markt. Dies ermöglichte völlig neue Spielideen. So wurden beispielsweise die ersten Match3-Spiele wie Zoo Keeper auf dem DS veröffentlicht.

Mit der Wii brachte Nintendo eine Konsole auf den Markt, die zum Großteil auf Bewegungssteuerung setzte. Obwohl die Technik der Konkurrenz gnadenlos unterlegen war, avancierte die Nintendo Wii zu einer der erfolgreichsten Spielekonsolen aller Zeiten. Mit über 100 Millionen verkauften Einheiten lies sie Xbox 360 und Playstation 3 hinter sich. Nintendo öffnete den Spielemarkt im Westen für Familien, ältere Menschen und Zielgruppen, die allgemeinhin nicht als Gaming-affin galten. Ein Ansatz, den Nintendo in Japan schon seit NES-Zeiten in den 80ern verfolgte – als  die damalige 8-Bit-Konsole als Family Computer beworben wurde und neben den bekannten Spielen wie Super Mario Bros. auch zahlreiche Umsetzungen von japanischen Brettspielen veröffentlicht wurden.

Mit dem Nintendo 3DS erschien ein Handheld, der einen räumlichen 3D-Effekt ganz ohne 3D-Brille ermöglicht. Und mit der Wii U eine Konsole, die eine Art Tablet als Controller hat – auf der man unter anderem die Spiele auch losgelöst vom TV-Gerät spielen kann. Eine tolle Idee für eine Firma, die sich vor allem an Familien richtet.

So kreativ und progressiv Nintendo unter Satoru Iwata auf der einen Seite war, so konservativ blieb Nintendo auf der anderen Seite. Es sollte bis zum Jahr 2011 dauern, bis auch Nintendo eine vernünftige Online-Plattform zur Verfügung stellte. Lange Zeit verwehrte man sich der Idee der DLCs – welche seit vielen Jahren im Rest der Videospiel-Industrie Gang und Gäbe ist. Noch mehr aber stand Iwata immer dafür Spiele fertig entwickeln zu lassen und Patches nur selten zu nutzen. Dies brachte gerade in den letzten Jahren der Firma den Ruf „altbacken“ zu sein ein, währenddessen Fans genau diese Politik schätzen und lieben.

Auch die neuerliche Öffnung zum Mobile Markt wäre ohne Iwata wohl viel früher gekommen. Während andere Mitglieder des Nintendo-Vorstands schon lange dafür waren sich Smartphones und Tablets zu öffnen, sagte Iwata noch vor einem Jahr, dass eine derartige Öffnung unter seiner Führung nie zu Stande kommen würde. Wie bekannt ist, arbeitet Nintendo mittlerweile mit DeNA zusammen und das erste Smartphone-Spiel für iOS soll noch dieses Jahr erscheinen.

Satoru Iwata stand in den letzten 10 Jahren gleichermaßen für Kreativität und Tradition. Er schaffte das Kunststück, Nintendo wirtschaftlich erfolgreich zu führen, ohne in direkter Konkurrenz zu Sony oder Microsoft zu treten, sondern immer einen anderen Weg einzuschlagen – eine eigene Philosophie zu wahren. Insofern sind sich Nintendo und Apple ähnlicher als man vielleicht denken mag.

Während über das persönliche Leben Iwatas fast nichts bekannt ist, wird Iwata für das respektiert, worauf es im Videospiel ankommt: Den Spaß und die Freude. Diese Philosophie, welches sein komplettes Schaffen seit den 80er Jahren bestimmte, beeinflusste ganze Generationen an Videospielentwicklern maßgeblich.

Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt an dieser Stelle der Familie und den Angehörigen Satoru Iwatas.

(Bild: http://lithcast.com)